Das neue Gebäude der Anton-Bruckner-Privatuniversität am Fuße des Linzer Pöstlingbergs wurde zu Beginn des Wintersemesters bezogen.

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Ursula Brandstätter, Rektorin der Anton-Bruckner-Privatuniversität

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Linz – Mit den Methoden der Kunst wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, ist in den vergangenen Jahren unter dem Schlagwort "Artistic Research", auf Deutsch "Künstlerische Forschung", immer mehr in Mode gekommen. Die Auffassung, dass Kunst forschend sein kann und damit das tut, was traditionell den Wissenschaften zugeordnet war, wird teils positiv, teils kritisch aufgefasst: Das Spektrum reicht von "empathischer Begeisterung" bis hin zur "strikten Ablehnung etwa deshalb, weil die Rollenzuschreibung 'Wissensproduzent' an die Künste letztlich nichts anderes sei als deren Instrumentalisierung in einer vom kognitiven Kapitalismus dominierten Gegenwart", schreiben Jens Badura, Selma Dubach und Anke Haarmann in ihrem Vorwort von "Künstlerische Forschung. Ein Handbuch", das kürzlich erschienen ist.

Dass Kunst in der Gesellschaft einen eigenständigen Erkenntnisstatus beansprucht, sei keineswegs neu, meint Ursula Brandstätter, Rektorin der Linzer Anton-Bruckner-Privatuniversität: "Der Erkenntnischarakter von Kunst wird seit der Antike immer wieder diskutiert." Ihre Hochschule ist im Oktober in ein neues Gebäude umgezogen – erstmals sind nun alle Sparten unter einem Dach vereint. Das will Brandstätter nutzen, um künftig vermehrt transdisziplinäre Projekte umzusetzen, mit einem besonderen Fokus auf künstlerische Forschung.

Ein derartiges Projekt, das diesen Herbst an der Anton-Bruckner-Privatuniversität angelaufen ist, verschreibt sich dem Konzept der Naturalezza. Dabei, wie auch in ähnlichen Projekten gelte der Grundsatz: "Was immer wissenschaftlich erarbeitet wird, muss künstlerisch erprobt werden", sagt Brandstätter, die selbst vor ihrer Promotion in Musikwissenschaft und Musikpädagogik eine musikalische Ausbildung absolvierte.

Was sie besonders an künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsprojekten schätzt, ist nicht nur, dass sie wissenschaftliche und künstlerische Methoden verknüpfen, sondern auch ihre speziellen Vermittlungsformate: "Bei der wissenschaftlichen Forschung werden stets Artikel oder Bücher publiziert, bei der künstlerischen Forschung ist immer auch die künstlerische Präsentation und Verarbeitung zentral." Generell hätten Künstler ein breiteres Spektrum an Formaten der Vermittlung als Wissenschafter und über künstlerische Präsentationsformen könne ein breiteres Publikum angesprochen werden, sagt Brandstätter.

Subjektiver Zugang

Durch die Zusammenarbeit von Wissenschaftern und Künstlern würden sich neue Themen und Fragestellungen ergeben und andere Formen der Erkenntnis aktiviert, wie etwa körperbezogene oder emotionale Erkenntnis. "Man glaubt immer, dass Wissenschafter und Künstler auf verschiedenen Sternen leben", sagt Brandstätter, "die Methodik eines Wissenschafters ist zwar viel stärker standardisiert und systematisiert. Der Künstler hat einen subjektiveren Zugang. Aber im Grunde gibt es auch viele Parallelen."

Durch den künstlerischen Zugang würden Wissenschafter angeregt, "Themen einmal anders zu sehen", umgekehrt würden Künstler über wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse neue Themen erkennen. Und sowohl Wissenschafter wie Künstler würden davon profitieren, "aus den gewohnten Bahnen des Arbeitens hinausgeworfen zu werden". (trat, 21.12.2015)