Bild nicht mehr verfügbar.

In Antiquariaten und Web ist das Buch "Mein Kampf" erhältlich, im freien Handel bisher nicht.

Foto: APA/AFP/DPA/MATTHIAS BALK

Hitler soll 1924 Teile von "Mein Kampf" auf einer Reiseschreibmaschine dieses Typs getippt haben.

Foto: Thorben Bockelmann

Wien – 70 Jahre nach dem Tod Adolf Hitlers erlischt das Urheberrecht des Freistaats Bayern auf Mein Kampf. Ab 2016 ist es möglich, die Hetzschrift nachzudrucken – DER STANDARD berichtete ausführlich. Diesen Umstand nimmt der Dokumentarist Manfred Oldenburg heute, Dienstag, 20.15 Uhr auf Arte, zum Anlass, die Veröffentlichung angesichts der Opfer infrage zu stellen: "Ist dies eine unerträgliche Provokation, wenn die Pläne des Mörders ihrer Familie offen für jedermann zugänglich sind?"

In Antiquariaten und Web ist das Buch erhältlich, im freien Handel bisher nicht. Die Inhalte haben Sprengkraft, sagt der Historiker Christoph Hartmann. Er sieht die Gefährlichkeit der Ideologie in den mehr als 700 Seiten "gut versteckt" und "lange Zeit unterschätzt".

Der Film erzählt die Genese des Buches, wie Hitler einen inneren Monolog niederschreibt, der sich anfangs nur schlecht verkauft. Erst als Hitler Reichskanzler wird, explodieren die Verkaufszahlen. Allein 1933 werden 900.000 Bücher verkauft. Am Ende beträgt die Gesamtauflage zwölf Millionen Bücher. Überlebende des Holocaust kommen zu Wort.

Kommentierte Ausgabe

Nach 1945 wollten die Menschen nichts mehr mit dem Buch zu tun haben, und auch heute ist es ein Tabuthema, mit dem man nicht so recht umzugehen weiß: Der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer drohte, wer das Buch publiziere, werde strafrechtlich überprüft. Damit sabotierte er gleichzeitig ein ambitioniertes Projekt des deutschen Instituts für Zeitgeschichte, das die Hetzschrift in einer 2000-seitigen kommentierten Ausgabe Anfang Jänner herausbringt.

Die Anbindung zur Gegenwart drängt sich auf: Flüchtlinge kommen ins Land, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird beschimpft, 2015 brennen Asylheime. Die Wut auf alles Fremde war zentrales Thema in Mein Kampf. "Wir neigen dazu, dass wir uns über Hitler lustig machen, weil wir befürchten, dass etwas von ihm in uns schlummert", sagt die Politologin Barbara Zehnpfennig.

Mein Kampf. Das gefährliche Buch ist ab Mittwoch, dem 16. Dezember, auf Flimmit abrufbar. ORF 2 strahlt die 52-minütige Doku am 17. Jänner um 23.05 Uhr aus. Um 0.00 Uhr steht die Aufzeichnung Helmut Qualtinger liest "Mein Kampf" aus dem Jahr 1985 auf dem Programm. (prie, 14.12.2015)