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Der "Person of the Year" drohen am Parteitag in Karlsruhe ab Montag harte Auseinandersetzungen über die Asylpolitik in Deutschland.

Foto: Reuters / Hannibal Hanschke

Sigmar Gabriel hat es bereits hinter sich. Mit 74,3 Prozent wurde er am Freitag vom Parteitag als SPD-Chef bestätigt. Das ist ein klarer Dämpfer: Vor zwei Jahren hatte er noch 83,6 Prozent erreicht. Einige Genossen dürften ihren Frust darüber, dass die SPD von der Flüchtlingskrise nicht profitieren kann und immer noch bei 25 Prozent dümpelt, bei der Wahl von Gabriel ausgelassen haben.

Angela Merkel hingegen hat ihren wohl schwierigsten Parteitag noch vor sich: Er beginnt am Montag in Karlsruhe, und was die Wiederwahl betrifft, hat Merkel Glück. Es ist kein Wahlparteitag, sie muss also nicht um die Stimmen der Delegierten bitten.

Leicht wird es dennoch nicht. Zwar hat das "Time Magazin" sie gerade zur "Person of the Year 2015" gekürt, doch in Deutschland selbst ist ihr Kurs in der Asylpolitik umstritten, werden die Töne in der CDU immer schärfer.

Kein Entgegenkommen

Wichtigster Tagesordnungspunkt ist der Beschluss des Leitantrags zur Asylpolitik. Noch wird an den endgültigen Formulierungen gefeilt, doch es ist bereits klar: Merkel wird ihren Kritikern nicht entgegenkommen.

Zwar will sich die Parteispitze für eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen einsetzen – durch stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen und eine bessere Verteilung der Flüchtlinge in der EU. Sie strebt außerdem ein "Integrationspflichtgesetz" an. Flüchtlingen, die die deutsche Sprache nicht erlernen wollen und gesellschaftliche Grundwerte der Bundesrepublik nicht anerkennen, drohen Leistungskürzungen.

Es drohen hitzige Debatten

Allerdings findet sich jenes Wort, auf das die CSU und auch Teile der CDU sehr erpicht wären, im ganzen Leitungsantrag nicht: nämlich eine Obergrenze bei den Flüchtlingszahlen. Merkel bleibt hier hart und riskiert lieber den Showdown beim Parteitag.

Die Debatte zum Leitantrag droht in hitziger Atmosphäre zu verlaufen. Schon vor dem Treffen haben sich die Gegner des Merkel'schen Kurses in Stellung gebracht. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU), der im März Wahl hat, fordert nationale Obergrenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen: "Wir haben jetzt sehr lange Zeit abstrakt über diese Grenze nach oben diskutiert, nun sollten wir sie auch konkret beziffern." Auch die Junge Union (JU) und die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union (MIT) verlangen ein "Signal der Begrenzung".

Seehofer-Rede am Dienstag

Am Dienstag könnte es ebenfalls schwierig werden. Zu Gast ist traditionell der Vorsitzende der CSU. Horst Seehofer wird eine Rede halten, und da gibt es vielleicht eine Retourkutsche der Delegierten für die Düpierung Merkels durch Seehofer vor Kurzem auf dem CSU-Parteitag in München. Der bayerische Ministerpräsident hatte Merkel minutenlang auf offener Bühne abgekanzelt, ohne ihr Gelegenheit zur Gegenrede zu geben.

Derlei Aufregung hat Gabriel nicht zu befürchten. Am heutigen letzten Tag des SPD-Parteitags wird Kanzler Werner Faymann (SP) eine Rede halten und danach noch mit Gabriel sowie den Regierungschefs Stefan Löfven (Schweden) und Manuel Valls (Frankreich) über Asylpolitik reden.

Gabriel unterhielt die Delegierten auch noch mit einer Familiengeschichte, in der er seinen Anspruch auf das Kanzleramt untermauerte. Seine kleine Tochter habe ihn gefragt, wie lange er denn noch zu Angela Merkel fahren müsse. Darauf habe er gesagt: "Keine Sorge, nur noch bis 2017." (Birgit Baumann aus Berlin, 12.12.2015)