Sieht aus wie Stocki, der Kartoffelkönig, ist aber Senhor Testíkulos, mit Rauschmeier und Mäkelä (li.).

Foto: Rauschmeier

Wien – Wer diesen Juni wieder nicht beim Berliner Festival "48 Stunden Neukölln" war, hat natürlich auch Tonttu versäumt. Das ist eine Performance, bei der man den finnischen Choreografen und Musiker Pasi Mäkelä hätte kennenlernen können. Wäre schön gewesen. Mäkelä steckt jetzt mit dem in Wien wirkenden Künstler Roland Rauschmeier zusammen, und die beiden zeigen im Wuk noch bis Sonntag ihr Stück Wet Dreams Of A Brain Testicle.

Dieses Werk ist Teil vier einer Reihe von Performances unter dem gemeinsamen Motto "2nd Thursdays", die Rauschmeier seit September in Wien organisiert. Wie aufgrund des Hinweises auf feuchte Träume im Stücktitel unschwer zu erraten, geht es um unkontrollierte Ereignisse im humanen Oberstübchen. Basis dafür sollen Pasi Mäkeläs Traumtagebücher sein.

Vertiefend heranlesen an das, was da zur Aufführung kommt, kann man sich in Rauschmeiers erhellendem Buch Culture de la Danse / Crise de la Forme, erschienen 2015 bei WKTB Editionen, im Kapitel "Die physiologische Bedingtheit des Geistes", und da wird Unterkapitel "Der gewrungene Bogen" schlagend. Mehr wird nicht verraten.

Außer: Was uns im vorwarnenden Foto für die feuchte Hirnchoreografie so treuherzig entgegenlächelt wie einst Stocki, der Kartoffelkönig, ist ein Brasilianer. Namentlich Senhor Testículos, der Schutzpatron der Associação de Assistência às Pessoas com Câncer em Viçosa, mit dem diese Organisation auf die traurigen Folgen des Hodenkrebses aufmerksam macht.

Ganz traurig sind bekanntlich auch bestimmte virtuelle Wucherungen der sogenannten Zerebraltestikel, wie sie sich bei Einlagerung von "abnormen Wünschen" (Rauschmeier/Mäkelä) entwickeln können. Die Autoren des Stücks scheuen die Konfrontation mit den daraus erwachsenden Humor nicht. Gut, dass da ein paar Puppen (Frog Morris) destabilisierend mitspielen und es einen Sound von Jussi Saivo gibt. (Helmut Ploebst, 11.12.2015)