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Behandeln statt einsperren – so lautet der Plan für geistig abnorme Straftäter . Doch auf dem Weg dorthin tun sich laut Menschenrechtsbefund 2015 größere Probleme auf: Die Bundesländer würden nicht mitmachen.

foto: aps/fohringer

Wien – So manche menschenrechtliche Verbesserung in Österreich scheitere "an Problemen des Föderalismus", meint Barbara Helige. Als Beispiel nannte die Juristin, ehemalige Richterin und Präsidentin der Liga für Menschenrechte bei der Vorstellung des österreichischen Menschenrechtsbefunds 2015 am Donnerstag in Wien die "Reform des Maßnahmenvollzugs".

Diese, so Helige, drohe in einem wichtigen Bereich im Sande zu verlaufen: bei der geplanten Unterbringung geistig abnormer Maßnahmenvollzugsinsassen in psychiatrischen Abteilungen von Spitälern. So ambitioniert der im Jänner 2015 fertiggestellte Bericht der Arbeitsgruppe Maßnahmenvollzug an den Justizminister auch gewesen sei: "Mit den Ländern, in deren Verantwortung die meisten Spitäler liegen, wurde bisher keinerlei Basis der Zusammenarbeit gefunden." Mit den betroffenen Gefangenen werde umgegangen, "als handle es sich um heiße Kartoffeln".

Prolongierte Menschenrechtswidrigkeit

Damit werde eine nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) gegen Deutschland auch in Österreich als menschenrechtswidrig erkannte Praxis in vielen Fällen prolongiert. Zwar würden andererseits neue Handlungsansätze wie Sozialnetzkonferenzen in Vorbereitung auf bedingte Entlassungen aus dem Maßnahmenvollzug zu Hoffnung Anlass geben. Aber, so Helige: "Der Reformschwung hat stark nachgelassen".

Der Menschenrechtsbefund wird alljährlich am 10. Dezember, präsentiert, dem Internationalen Tag der Menschenrechte. In Österreich steht dabei seit Jahren Kritik am Asyl- und Fremdenwesen im Mittelpunkt. So auch heuer, wie Anny Knapp, Obfrau des NGO-Dachverbands Asylkoordination, ausführte, im Asylbereich seien "alle Beteiligten mit Gesetzesänderungen am laufenden Band konfrontiert", sagte sie. Das sorge für "Verunsicherung und Chaos".

Asylsystem "immer restriktiver"

Insgesamt, so Knapp, werde das österreichische Asylsystem "immer restriktiver". Das beginne bei der polizeilichen Erstbefragung, um einen Asylantrag zu stellen. Seit Inkrafttreten einer Novelle im August würden Asylsuchende bis zu 48 Stunden angehalten: eine "menschenrechtlich höchst problematische" Vorgangsweise. Weitere "Rückschritte" drohten durch die geplante neuerliche Gesetzesnovelle mit Asyl auf Zeit und Verschärfung beim Familiennachzug.

Klagsverband-Generalsekretär Volker Frey bemängelte, dass es in Gleichstellungsfragen und bei der Diskriminierungsfreiheit noch vieles zu tun gebe. Bei der Barrierefreiheit etwa gehe "wenig bis gar nichts" weiter. Unzufrieden ist die Liga aber auch mit der Einhaltung menschenrechtlicher Verpflichtungen bei Entwicklungspolitik und unternehmerischen Tätigkeiten im Ausland. Die Mittel, die Österreich in die Entwicklungspolitik investiere, seien "beschämend", sagte Helige.

Uno-Kritik an Polizei

In Genf hat das Uno-Komitee gegen Folter unterdessen das aus seiner Sicht zu laxe Vorgehen der österreichischen Polizei wegen Misshandlungsvorwürfen in den eigenen Reihen kritisiert. In seinem aktuellen Österreich-Bericht fordert das in Genf angesiedelte Gremium eine unabhängige Ermittlungsbehörde. (APA, bri, 10.12.2015)