Mosaik der Ceres-Oberfläche: Der großteil der 130 hellen Flecken (hier rot) stehen in Zusammenhang mit Kratern. Oben links: Über dem Occator-Krater zeigt sich bei Sonneneinstrahlung eine Art Nebel. Oben rechts: Der Oxo-Krater ist die zweithellste Struktur auf Ceres, auch hier tritt Nebel auf. Unten: Ein typischer wasserloser Krater. Die helle Färbung rührt unter anderem von Mineralsalzen her, die wahrscheinlich im Laufe der Zeit ausgetrocknet sind.

Foto: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA

Göttingen/Wien – Schon mit den allerersten Aufnahmen von der Oberfläche des Zwergplaneten Ceres sendete die Nasasonde Dawn ein Rätsel zur Erde: Die Bilder zeigten über 130 mysteriöse helle Flecken auf dem größten Himmelskörper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter.

Worum es sich bei den auffälligen Strukturen handelt, hält seither die Fachwelt in Atem. Ist es freiliegendes Eis? Sind es Salzminerale, die den hellen Flecken ihre hohe Reflektivität verleihen? Nun legen Forscher um Andreas Nathues vom Göttinger Max-Plank-Institut für Sonnensystemforschung in "Nature" mithilfe der neuesten Aufnahmen die Lösung vor: Es handelt sich um hydrierte Magnesiumsulfate, eine Klasse von Mineralsalzen.

Vollständige Rotation des Zwergplaneten mit Blick auf seinen hellsten Fleck.
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Uraltes Eis

Über dem hellsten Fleck im sogenannten Occator-Krater liegt zudem bei Sonneneinstrahlung eine dünne Nebelschicht, ein untrügerisches Zeichen für die Verdunstung gefrorenen Wassers nahe der Oberfläche. Auch über dem Oxo-Krater, der die zweithellste Struktur aufweist, sind Nebelspuren sichtbar. Und das wiederum zeigt, dass Eis aus der Entstehungszeit des Sonnensystems nicht nur in weit entfernten Regionen erhalten blieb, sondern auch im vergleichsweise sonnennahen Asteroidengürtel.

"Wir sehen aktuell wahrscheinlich Überreste eines Verdunstungsprozesses, der an verschiedenen Stellen unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Möglicherweise handelt es sich dabei um das Endstadium einer vormals noch aktiveren Periode", sagte Studienerstautor Nathues, der auch das Kamerateam der Mission Dawn leitet.

Unter dem Krater Occator lagert Eis.
Foto: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA

Vertrocknete Salzspuren

Das Licht, das die Flecken ins All reflektieren, unterscheide sich deutlich von dem aus anderen Regionen. So enthalte es etwa einen größeren Blauanteil, wie Auswertungen der Kameradaten zeigen. "Vergleiche mit verschiedensten Materialien, die wir im Labor untersucht haben, deuten darauf hin, dass sich dort auch hydrierte Magnesiumsulfate finden", erklärte Zweitautor Martin Hoffmann.

Die auffälligste helle Struktur findet sich im Inneren des Occator-Kraters: Dieser Fleck ist deutlich heller als alle anderen. Er liegt in einer Art "Krater im Krater" mit einem Durchmesser von etwa zehn Kilometern und einer Tiefe von einem halben Kilometer. Auf einigen Aufnahmen sei bei Sonneneinstrahlung ein Nebelschleier über dem Kraterboden erkennbar, so Nathues. "Offenbar verdampft dort Wasser und trägt kleine Teilchen mit sich".

Flug über den Occator-Krater.
NPG Press

Die plausibelste Interpretation der neuen Ergebnisse sei, dass unter der Oberfläche von Ceres zumindest stellenweise eine Mischung aus Eis und Salzen lagert, so die Forscher. Einschläge mittelgroßer Asteroiden könnten dieses Material freilegen, das Eis verdampfe nach und nach, bis schließlich Salz und Schichtsilikate aus der Umgebung zurückbleiben.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich unterirdisches Eis auch im vergleichsweise sonnennahen Asteroidengürtel halten konnte", so Nathues. "Die oberflächliche Gesteinsschicht schützt es vor dem Einfluss der Sonne." Nur etwa 414 Millionen Kilometer trennen den Zwergplaneten Ceres von der Sonne. Der Jupiter mit seinen Eismonden befindet sich fast doppelt so weit entfernt. Die wasserreichen Kometen verbringen den Großteil ihres Daseins noch weiter draußen am Rande des Sonnensystems.

Ammoniak-Minerale

In einer weiteren Studie (ebenfalls in "Nature") weisen Forscher um Maria Cristina De Sanctis vom italienischen Institut für Astrophysik (INAF) Hinweise auf spezielle Ammoniak-Minerale auf Ceres nach. Die Beobachtung legt nahe, dass während der Entstehung des Zwergplaneten Ammoniak mit seiner Oberfläche reagiert hat. Da Ammoniak-Eis nur bei den kalten Temperaturen im äußeren Sonnensystem stabil ist, spekulieren die Wissenschafter, dass Ceres dort entstanden und erst später nach innen gewandert sein könnte. (red, APA, 9.12.2015)