Jetzt fix: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bewirbt sich für eine dritte Amtszeit.

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Wien – ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz (55) wird sich bei der Wahl der neuen ORF-Geschäftsführung im Sommer 2016 für eine dritte Amtszeit bewerben. Das erklärte Wrabetz in Interviews mit der APA und dem deutschen "Handelsblatt". "Ich habe den Stiftungsrat informiert, dass ich eine weitere Geschäftsführungsperiode von 2017 bis 2022 anstrebe", so Wrabetz.

Gebühren "weiterentwickeln"

Als zentrale Aufgaben nannte der ORF-Chef die Weiterentwicklung des Gebührensystems, Aktivitäten im mobilen Bereich sowie Möglichkeiten, auf digitale Entwicklungen besser und schneller zu reagieren.

Die wirtschaftliche Stabilität des ORF müsse auf mittlere Sicht aufrechterhalten bleiben. Und um auf neuen Plattformen präsent sein zu können, brauche es in der nächsten Geschäftsführungsperiode die Umsetzung des Standortprojekts und der neuen Arbeitsweise, insbesondere in einem trimedialen Newsroom.

Wahl im August

Der neue ORF-Generaldirektor wird am 9. August gewählt, die Direktoren und Landesdirektoren am 15. September. Bestellt werden sie durch das oberste ORF-Gremium, den 35-köpfigen Stiftungsrat. 18 Stimmen sind somit für eine Mehrheit notwendig. Die Mitglieder des Stiftungsrats werden von Regierung, Parteien, Bundesländern, ORF-Publikumsrat und Betriebsrat bestellt und sind – abgesehen von wenigen Ausnahmen – in parteipolitischen "Freundeskreisen" organisiert.

Die SPÖ kann derzeit auf 13 Vertreter zählen, dazu kommt der ursprünglich von BZÖ/FPK bestellte und von der SPÖ-geführten Landesregierung verlängerte Kärntner Stiftungsrat. Der ÖVP-"Freundeskreis" umfasst 14 Mitglieder. FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach haben je einen Stiftungsrat. Drei Unabhängige komplettieren das Gremium.

Auf die Frage, ob er weiter Rückhalt der SPÖ habe und mit einer Mehrheit rechne, meinte Wrabetz: "Dazu sage ich jetzt nichts, aber ich habe den Rückhalt. Ich hoffe natürlich auf eine breite Mehrheit, und eine breite Mehrheit fängt bei 20 plus an."

Early Bird

Wrabetz kündigt seine Bewerbung diesmal sehr früh an, zuletzt sich er sich jeweils bis kurz vor der Wahl damit Zeit. Er erklärt das mit immer häufigeren Fragen von Medien nach seiner Wiederbewerbung. "Ich glaube, es ist besser, das jetzt nicht mit einer gewissen Koketterie hinauszuschieben, sondern ein Jahr vor Auslaufen der Periode eine Klarstellung gegenüber dem Stiftungsrat zu treffen. Ich hoffe aber, dass das nicht einen mehrmonatigen Wahlkampf bedeutet, sondern die gute und konstruktive Zusammenarbeit im Haus und mit den Gremien fortgesetzt wird."

Kein Wort über Gegenkandidaten

Auf Aussagen über Gegenkandidaten wollte sich Wrabetz nicht einlassen. Wegen der knappen Mehrheiten im Stiftungsrat wurde zuletzt über ein Antreten des von der ÖVP forcierten ORF-Finanzdirektors Richard Grasl spekuliert. Ob er mit dessen Antreten rechne oder ob es stimme, dass ihm der Finanzchef versichert habe, nicht gegen ihn anzutreten? "Dazu sage ich nichts", so Wrabetz, "aber ich hoffe, dass wir auch die nächsten Monate vertrauensvoll im Team der Geschäftsführung weiterarbeiten können."

Vorstellungen zu seinem künftigen Direktorenteam hat Wrabetz bereits: "Kathrin Zechner, Richard Grasl und Michael Götzhaber haben eine gute Arbeit gemacht, und wenn sie zur Verfügung stehen, würde ich sie weiter gerne im Team haben." Das würde bedeuten: Zechner als Programmdirektorin, Grasl als Finanzdirektor und Götzhaber als Technischen Direktor.

Ein offener Direktor

Offen ist laut Wrabetz noch die Ausgestaltung des vierten Direktors. Bei Gedankenspielen im Frühjahr hatte er dabei einen Informationsdirektor für TV, Radio und Online sowie die Abschaffung des Radiodirektors im Auge. Nach Widerstand aus der Belegschaft und von Stiftungsräten scheinen die Zuständigkeiten in der Information wieder offen zu sein. Der vierte Direktor soll jedenfalls "keine Kompetenzen und kein Durchgriffsrecht im Sinne einer zentralen Steuerung haben", so Wrabetz. Und es soll "mehrere Chefredakteure geben, die dezentrale Verantwortung wahrnehmen". Es gebe dafür verschiedene Modelle, über die er derzeit noch nachdenke.

Erstmals drei Amtszeiten in Serie

Sollte Wrabetz neuerlich bestellt werden, wäre er der erste ORF-Generaldirektor, der drei Geschäftsführungsperioden unmittelbar hintereinander schafft. Dem legendären Gerd Bacher, der es auf fünf Amtsperioden brachte, gelangen jeweils lediglich zwei hintereinander.

Der siebente General

Wrabetz ist der siebente Generaldirektor seit der Rundfunkreform Mitte der 1960er-Jahre. Er wurde am 21. März 1960 in Wien geboren, war während Studiums Vorsitzender des Verbands sozialistischer Studenten und begann seine Karriere zunächst im Bankenbereich. Von 1987 bis 1992 war er als Assistent des Vorstands der Österreichischen Industrieholding AG für Hugo Michael Sekyra tätig. 1992 zog er als Geschäftsführer in das ÖIAG-Handelshaus Intertrading ein, von dort wechselte er als Vorstand zur ÖIAG-Tochter Vamed. Darüber hinaus übernahm er Aufsichtsratsfunktionen innerhalb der ÖIAG und war auch Mitglied des ORF-Kuratoriums, heute als Stiftungsrat bekannt.

1998 wurde Wrabetz vom damaligen Generalintendanten Gerhard Weis zum Kaufmännischen Direktor des ORF gekürt. Im Jahr 2002 wurde er von der bürgerlichen Monika Lindner in dieser Position bestätigt. 2006 nutzte Wrabetz die Gunst der Stunde – Wolfgang Schüssels ÖVP-BZÖ-Koalition lag in den letzten Zügen – und trat bei der ORF-Wahl gegen Lindner an. Der smarte Direktor wurde schließlich mit 20 von 35 möglichen Stimmen von einer Regenbogenkoalition aus SPÖ, BZÖ, Grünen, FPÖ und Unabhängigen zum neuen ORF-Generaldirektor gewählt. Bei seiner ersten Wiederwahl 2010 waren es mit 29 Stiftungsräten noch einmal mehr. Damals wählten auch etliche ÖVP-Stiftungsräte mangels Alternativen Wrabetz.

Überlebenskünstler

Die politische Heimat des ORF-Generals ist kein Geheimnis: Ursprünglich aus einem freiheitlichen Elternhaus kommend (Wrabetz' Vater war in den 70er-Jahren Parteianwalt der FPÖ), war der promovierte Jurist Bundesvorsitzender der SPÖ-Studentenorganisation VSStÖ und organisierte 1983 den Vorzugsstimmenwahlkampf für Josef Cap. Wrabetz' Verhältnis zum aktuellen SPÖ-Chef Werner Faymann gilt allerdings seit Jahren als angespannt. Wrabetz tat als ORF-Chef nicht immer alles, was der Kanzler sich vorstellte, und galt zwischendurch als Ablösekandidat. Der Überlebenskünstler und Politstratege hielt sich jedoch im Chefsessel am Küniglberg. (APA, red, 9.12.2015)