Ankara/Bagdad – Im Streit um die Stationierung türkischer Soldaten im kurdischen Norden des Irak hat die irakische Regierung dem Nachbarland ein Ultimatum gestellt. Die Türkei müsse alle ihre Soldaten innerhalb von 48 Stunden zurückziehen, forderte der irakische Regierungschef Haider al-Abadi am Sonntagabend. Geschehe das nicht, werde er "alle zur Verfügung stehenden Mittel" nutzen. Man könne auch den UN-Sicherheitsrat anrufen, so Abadi. Die türkischen Streitkräfte seien "ohne Genehmigung und ohne Wissen der irakischen Regierung" ins Land eingedrungen.

Vor wenigen Tagen waren im Irak etwa 150 türkische Soldaten mit 20 bis 25 Panzern in der Region um Bashika nördlich von Mossul angekommen. Die Ölstadt war im Juni 2014 von der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" überrannt worden.

Türkei spricht von "Truppenrotation"

Nach offiziellen türkischen Angaben handelte es sich bei der Truppenbewegung lediglich um eine Rotation innerhalb der Ausbildungsmission der türkischen Armee für kurdische Peschmerga-Kämpfer, die für den Kampf gegen die IS-Miliz ausgebildet würden. Ein hochrangiger türkischer Regierungsvertreter sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag, es liege offenbar ein Missverständnis vor.

Türkische Medien berichteten aber über eine weitaus umfangreichere Stationierung. "Die Türkei errichtet eine Basis in der Bashika-Region von Mossul mit 600 Soldaten", berichtete die Zeitung "Hürriyet".

Abadi steht unter innenpolitischem Druck, nicht noch mehr ausländische Truppen im Irak zuzulassen. Vor einigen Tagen erklärte er, jegliche Entsendung fremder Truppen auf irakischen Boden werde als feindlicher Akt angesehen. Im Rahmen der von den USA angeführten Anti-IS-Koalition befinden sich seit dem vergangenen Jahr bereits tausende US-Militärberater im Irak.

Çavuşoğlu fordert schlagkräftige Bodentruppe

Der türkische Außenminister Mevlut Çavuşoğlu rechtfertigte am Montag die Entsendung von Soldaten in die Region um Mossul gegenüber dem Sender Kanal 24. Die Türkei habe die Pflicht, ihre dort in der Ausbildung irakischer Einheiten tätigen Soldaten zu schützen. Zugleich betonte er, dass die IS-Miliz in Syrien nicht mit Luftangriffen alleine vertrieben werden könne. Es sei eine schlagkräftige Bodentruppe zur Unterstützung der gemäßigten Opposition nötig.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schloss die Entsendung von Bodentruppen im Kampf gegen den IS aus. Es sei aber nötig, Anti-IS-Kräfte vor Ort zu stärken, sagte er dem Schweizer "Tages-Anzeiger". (APA, Reuters, 6.12.2015)