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Brennpunkt Idomeni: Am griechischen Grenzübergang nach Mazedonien blockierten Tausende von Migranten mit wenig Aussicht auf Asyl Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak.

Foto: APA/AFP/Armend Nimani

Ein paar Wochen ist es her, da schipperte Ioannis Mouzalas die Botschafter der EU-Staaten in Athen in einem Boot aufs offene Meer hinaus, weg vom Ufer der Insel Lesbos in Richtung Türkei. "So, und wie soll man das hier absperren?", fragte der Minister für Migrationspolitik in die Runde, erinnert sich ein Teilnehmer des Ausflugs. Eben gar nicht. Mouzalas, der Arzt und NGO-Aktivist, der als Parteiloser der linksgeführten griechischen Regierung angehört, wollte vor Augen führen, wie unrealistisch die Forderungen der EU nach "stärkerem Schutz" der Außengrenzen sind.

Vergangenen Freitag, als die Innenminister der Union in Brüssel tagten und der deutsche Vertreter für eine massive Kompetenzerweiterung der EU-Grenzbehörde Frontex plädierte, rollte wieder eine Fähre aus der Ostägäis in Piräus ein. An Bord waren einmal mehr knapp 1800 Flüchtlinge, die es von der türkischen Küste nach Lesbos oder zu einer der anderen griechischen Inseln geschafft haben.

Frontex als "richtige Küstenwache"

Frontex müsse eine "richtige Küstenwache werden mit allen Eingreifsbefugnissen", erklärte Thomas de Mazière, der deutsche Innenminister. Bis Mitte des Monats soll die EU-Kommission Vorschläge machen. Die Griechen schaffen das nicht, hieß das indirekt. Aber was die Frontex-Beamten dann stattdessen konkret auf dem Wasser schaffen sollen, ist nicht klarer geworden. Flüchtlinge zum Abdrehen in die Türkei zwingen, gleich festnehmen, Bojen als Grenzmarkierung platzieren?

Ein Regierungssprecher in Athen hat die angeblichen Drohungen der EU-Partner mit dem Hinauswurf Griechenlands aus der Schengen-Zone, dem gemeinsamen offenen Grenzraum, als "reine Spekulation der Medien" zurückgewiesen. In den Vertragstext haben die Regierungsmitarbeiter gleichwohl lieber doch geschaut.

Nur 40 Frontex-Soldaten erhalten

Ein Austritt ist nicht vorgesehen, beruhigten sie sich. Und die immer lauter werdenden Vorhaltungen, Griechenland tue nichts zum Schutz der Außengrenze und der Eindämmung des Flüchtlingsstroms, seien höchst unehrlich, gibt der Sprecher des griechischen Premiers zu verstehen: Athen habe vor Wochen schon mehr als 300 Frontex-Soldaten angefordert, aber nur 40 von den EU-Ländern bekommen. Dasselbe gilt für die teuren Maschinen, um Fingerabdrücke zu nehmen.

Bereits im Mai dieses Jahres habe Griechenland um elf dieser Eurodac-Maschinen gebeten und um noch einmal 100 im September, sagte der Regierungssprecher dem STANDARD. Erhalten habe sie zwölf, und nicht von der EU, sondern vom deutschen Staat – am vergangenen Donnerstag.

Drei "Hotspots" operativ

In Athen beunruhigt nun viele Politiker die Vorstellung, dass das Land nach dem praktischen Verlust der Hoheit über die Haushaltspolitik durch die Kreditabkommen nun gar noch die Kontrolle über seine Grenzen einbüßen könnte. Dabei geht es nicht nur um Lesbos und die anderen vier Inseln – Kos, Chios, Leros und Samos -, auf denen "Hotspots" zur Registrierung der Flüchtlinge eröffnet werden sollen; nach Darstellung der Regierung sind drei bereits operativ.

Im Mittelpunkt steht die Landesgrenze nach Mazedonien, der Start der "Balkanroute" der Flüchtlinge nach Österreich und Deutschland. Athen stimmte hier mittlerweile dem Einsatz von Frontex zu. Deren Mandat müsse jedoch eindeutig sein, heißt es seitens der Regierung. Frontex könne bei der Sicherung nur unterstützen, nicht aber hoheitliche Aufgaben übernehmen. (Markus Bernath, 6.12.2015)