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"Halal" kann aus dem Arabischen mit "erlaubt" übersetzt werden. Für gläubige Muslime erfüllt Fleisch dieses Kriterium dann, wenn es kein Blut mehr enthält. Lebensmittelketten bedienen den wachsenden Markt nur sehr zögerlich.


Foto: AP / Peter Dejong

Wien – Halal-Fleisch, Schächten, die betäubungslose Schlachtung von Tieren: Geht es um muslimische Religionspraktiken, werden oft unterschiedliche Dinge vermischt. Besonders im Netz, wie der Lebensmittelkonzern Spar zu spüren bekam. Nur zwei Halal-Produkte verkaufte man seit kurzem in 25 Wiener Filialen – und bewarb sie entsprechend.

Auf Facebook und Twitter musste sich das Unternehmen dafür prompt viel Kritik gefallen lassen. In erster Linie wurde von selbsternannten Tierschützern die angebliche Schächtung ohne Betäubung angeprangert. Laut Spar kam das Verfahren jedoch nie zum Einsatz. Das Unternehmen gab dem Druck trotzdem nach und stoppte den Verkauf von Halal-Fleisch.

"Hasskampagne"

Schockiert davon zeigte sich die Israelitische Kultusgemeinde. Die "Hasskampagne" in sozialen Medien gegen die nach islamischen Vorschriften erzeugten Produkte erinnere an "die traditionelle antisemitische Argumentation gegen Koscher-Fleisch". Eine Spar-Sprecherin sagte dem STANDARD, es sei nachvollziehbar, dass manche dem Unternehmen jetzt vorwerfen, vor Hetze eingeknickt zu sein. Gleichzeitig wirbt sie um Verständnis: "Wir haben uns die Entscheidung nicht leichtgemacht." Man wollte die wachsende Kundengruppe der Halal-Käufer gewinnen. Schon vor einigen Jahren versuchte man es, und auch damals wurde das Vorhaben nach kurzer Zeit wieder eingestellt.

Das kommt Lebensmittelhändlern zupass, die sich auf muslimische Kunden spezialisieren. Die Marktführer in Wien heißen Aycan, Etsan oder Hür Pas. Gamze Yagan, Sprecherin der Supermarktkette Aycan, die in Wien 14 Läden betreibt, weist auf den hohen Stellenwert hin: "Wir verkaufen ausschließlich Halal-Fleisch. Das macht bei uns rund 50 Prozent des gesamten Geschäfts aus." Bezogen wird Geflügel wie auch rotes Fleisch von österreichischen Lieferanten, aber auch von einem türkischen Großhändler.

Warnung vor Parallelgesellschaften

Türkische Wurzeln hat auch der Geflügelgroßhändler Ergün Kuzugüdenli. Er beklagt, dass der Begriff Halal in Österreich sehr negativ besetzt sei. "Mehr als 600.000 Muslime leben hier. Die Ablehnung von Supermarktketten fördert die Selektierung und die Bildung von Parallelgesellschaften – obwohl doch gerade davor oft gewarnt wird." Schlachthöfe in Österreich zu finden, die nach Halal-Vorschriften verarbeitete Ware anbieten, sei hingegen überhaupt kein Problem.

Österreich ist sogar Halal-Exportnation, sagt Ahmed Rusznak, Präsident des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrums Österreich, des größten Halal-Zertifizierers des Landes: "Das Exportvolumen hat sich in den letzten fünf Jahren verfünffacht." Bis zu 100 Tonnen pro Jahr seien es, schätzt Rusznak.

Export in die Emirate

Den Vorgaben entspricht Fleisch für Muslime dann, wenn es kein Blut mehr enthält. Einzige wesentliche Besonderheiten für die Hersteller: Der Schlächter muss Muslim sein und während der Schlachtung einen kurzen Gebetsspruch aufsagen. Der Großteil der hierzulande auf diese Art produzierten Fleischwaren geht ins Ausland, vorwiegend in die Vereinigten Arabischen Emirate. Rindfleisch wird dabei stärker nachgefragt als Hühnerfleisch.

Von den marktdominierenden Lebensmittelketten in Österreich wird Halal-Fleisch derzeit einzig von der Rewe-Gruppe in ihren Merkur-Märkten angeboten. Auch sie werden von einem österreichischen Schlachthof beliefert – "ein hervorragend laufendes Geschäft", wie Rusznak sagt.

Wie groß das Umsatzpotenzial tatsächlich ist, lässt sich aber schwer überprüfen. "Es gibt kaum Zahlen, einfach weil es bisher nicht erhoben wurde", gibt René Tritscher, Geschäftsführer der Sparte Handel bei der Wirtschaftskammer, zu bedenken. Der Spar-Rückzieher trägt jedenfalls dazu bei, dass das Halal-Geschäft den kleinen Händlern in Ballungsräumen überlassen wird. (Simon Moser, 5.12.2015)