Das Timing war wohl nur Zufall – und doch voller Ironie: Justament an jenem Tag, an dem Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen eine herbe Niederlage verdauen musste, weil sich die Dänen gegen eine Übernahme bestimmter EU-Vorschriften im Justiz- und Polizeibereich ausgesprochen hatten, verabschiedeten die EU-Innenminister neue Kontrollrechte des Europäischen Parlaments für die gemeinsame Polizeiagentur Europol.

Was formal eine Stärkung, oder zumindest Vertiefung, der europäischen Zusammenarbeit in sicherheitsrelevanten Bereichen sein soll, darf Rasmussen nun nicht einfach automatisch übernehmen. Dänemark verzichtet auf Vorteile, weil die Europaskeptiker es verstanden haben, sie für die Mehrheit der Bürger als Nachteil darzustellen. Das Königreich muss also den Schweizer Weg gehen: Verträge bilateral statt gemeinschaftlich auszuhandeln.

Dabei wären in der europäischen Sicherheitspolitik sowohl nach innen (Europol) als auch nach außen (Schengen) mehr Gemeinsamkeit und Profil notwendig. Nur so kann jene Effizienz gewonnen werden, die bisher zweifellos fehlt. Strategische und taktische Defizite zu erkennen und anzuprangern, das mag ja in Ordnung sein – doch sich ohne Gegenkonzept dem System zu verweigern, das grenzt an Fahrlässigkeit. Dänemark hat sich ins Abseits gestellt, doch Isolationismus ist die falsche Antwort: Es gibt in Europa längst keine Insel der Seligen mehr. (Gianluca Wallisch, 4.12.2015)