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Christian Ebenbauer: Die Auslastung muss passen, damit die Bilder besser wirken, die Emotionen rüberkommen.

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Aus West- wird Allianz, immerhin bleibt Hütteldorf. Heimat ist bei Fans ein Thema, zum Beispiel bei den Rapidlern, die in der Wolfsberger Lavanttal-Arena ohne Dach auskommen müssen.

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STANDARD: Existiert in Österreich überhaupt eine Fußballkultur, oder herrscht einfach nur Euphorie ums Nationalteam? Anders gefragt: Haben Liga und Nationalmannschaft, abgesehen von der Tatsache, dass beides Fußball ist, nur mehr wenig miteinander zu tun? Leben wir in zwei Welten?

Ebenbauer: Es gibt eine Fußball- und Fankultur, die Begeisterung rund ums Team ist enorm und ein Beleg dafür. Fraglich ist, ob diese Kultur auch bei Misserfolgen vorhanden ist. Siege und bestandene Qualifikationen sind wesentlich, damit der Zuschauer zufrieden ist, ins Stadion geht und in weiterer Folge auch selbst Fußball spielt. Ziel muss sein, dass in Phasen, in denen es nicht so läuft, ein Potenzial erhalten bleibt, beim Team und in der Liga. Wir leben nicht in zwei Welten.

STANDARD: Die Bundesliga hat ein visionäres Konzept entwickelt, das sich Universum Fußball nennt. Darin steht geschrieben, dass ab 2020 der Zuschauerschnitt 10.000 betragen soll. Nicht pro Runde, pro Partie. Wie soll das, bei allem Respekt, mit Klubs wie Grödig, WAC oder Admira funktionieren? Ist das nicht eher Hirngespinst als Vision?

Ebenbauer: Der Zuschauerschnitt ist natürlich von den Vereinen abhängig, die im Oberhaus spielen. Das oberste Prinzip ist aber die sportliche Qualifikation, das halte ich für absolut richtig. Es ist Fakt, dass zuletzt kleinere Klubs aufgestiegen sind und sich halten. Es geht darum, das Optimum rauszuholen. Deshalb kann man auch nur von einer Vision sprechen, wir müssen dem Ziel irgendwie näher kommen. In den Stadien soll es volle Ränge geben, wir brauchen keine 50.000er-Arenen, das wäre sinnlos und verrückt. Die Auslastung muss passen, damit die Bilder besser wirken, die Emotionen rüberkommen. Die Stadien müssen bedarfsgerecht sein. Von der Kapazität her sind Grödig und Wolfsberg bedarfsgerecht. Leider, das muss ich ehrlicherweise sagen. Bedarfsgerecht heißt nämlich auch Komfort für die Zuschauer, da reden wir von der An- und Abreise, vom Zustand der Toilettenanlagen, von der Verpflegung. Und alle Fans sollten ein Dach über dem Kopf haben.

STANDARD: Das geht sich doch bis 2020 niemals aus?

Ebenbauer: Die Hoffnung ist da. Wir arbeiten jeden Tag hart, damit unsere Vision immer mehr Form annimmt.

STANDARD: Wie hoch soll die Auslastung sein?

Ebenbauer: 80 bis 90 Prozent. Klagenfurt, das vielleicht schönste Stadion, ist jedenfalls für Bundesligaspiele nicht bedarfsgerecht. Es passt nicht zur Austria Klagenfurt, ist viel zu groß. Rapid ist mit dem neuen Allianz-Stadion ein positives Beispiel. Es ist richtig und mutig, es nur für 28.500 Zuschauer konzipiert zu haben. Die Grundauslastung wird passen. Auch die Austria macht es mit der umgebauten Generali-Arena richtig, ebenso Altach mit der Cashpoint-Arena.

STANDARD: Wer soll bedarfsgerechte Stadien bezahlen? Man kann von Grödig nicht verlangen, einen Erlebnispark hinzustellen.

Ebenbauer: Mit Ausnahme von Ried sind die Stadien nicht im Eigentum der Vereine. Die Frage, wer das bezahlen soll, kann nur der Eigentümer beantworten. Das sind die Gemeinden, die Kommunen. Sie haben einen sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Auftrag. Fußball ist immerhin der größte Sport in Österreich.

STANDARD: Ist der österreichische Fußball von der Politik abhängiger als jener in anderen Ländern?

Ebenbauer: Das weiß ich nicht. In London hat die Stadt massiv investiert. Bei der Infrastruktur ist die Unterstützung der öffentlichen Hand definitiv notwendig. Es geht da nicht nur um die Bausubstanz, sondern um den Bauplatz, die Grundfläche.

STANDARD: Ein trauriges, fast lächerliches Kapitel ist Austria Salzburg. Zunächst konnte man die Risikospiele gegen Innsbruck und LASK weder im Heimstadion noch im Ausweichstadion Schwanenstadt abwickeln. Mittlerweile ist der Verein insolvent. Trägt die Liga Mitschuld an diesem Schlamassel? Müssen die Lizenzbestimmungen überarbeitet werden?

Ebenbauer: Wir haben ein Lizenzierungsverfahren, das in Europa vorbildhaft ist, an dem sich andere Länder orientieren. Dabei wird akribisch der Status quo zum Lizenzzeitpunkt ermittelt. Da war Austria Salzburg wirtschaftlich gesund und hatte ein geprüftes, ausfinanziertes Budget. Dass dann im Klub falsche Entscheidungen getroffen wurden, ist evident. Auch die strengste Wirtschaftsprüfung ist machtlos, wenn die Geschäftsführung eines Betriebs in kürzester Zeit mehr ausgibt als einnimmt. Handlungsbedarf sehe ich jedenfalls bei der Regelung für ein Ausweichstadion. Jeder Klub muss eine echte Heimstätte für alle Spiele haben, um langfristig erfolgreich sein zu können.

STANDARD: Es wird permanent über das Ligaformat diskutiert. Sind zwei Zehnerligen die beste Lösung? Landesverbände sprechen sich für 16 Vereine im Oberhaus und drei Regionalligen aus. Es gibt freilich auch Stimmen, die behaupten, man müsse froh sein, überhaupt zehn halbwegs vernünftige Klubs zu finden. Was ist Ihre Position?

Ebenbauer: Das Format ist bis 2020 beschlossen, wobei die zwei Abstiegsplätze in der Sky Go Erste Liga nicht tragbar sein werden. Wir sind in einem Fluss, müssen uns ständig damit auseinandersetzen, ob es bessere Varianten gibt. Was die höchste Spielklasse betrifft, bin ich überzeugt, dass derzeit keine Alternative zur Zehnerliga in Sicht ist – solange sich im Unterbau nichts ändert.

STANDARD: Geht die Schere zu den großen Ligen nicht immer weiter auf? An wem muss man sich orientieren? Es kann ja nicht die englische Premier League oder deutsche Bundesliga sein?

Ebenbauer: Unsere Vision ist es, den zwölften Platz im Uefa-Ranking zu erreichen. Momentan sind wir 16. Natürlich geht die Schere auf, weil wir im Vergleich zu anderen weniger Sponsoreneinahmen, TV- und Uefa-Gelder haben. Die Champions-League-Teilnehmer bekommen 70 Prozent vom Kuchen. Wir müssen uns an verschiedenen Ländern orientieren, das Bestmögliche rauspicken. Bei den Zuschauern ist die Schweiz Vorbild, bei der Infrastruktur sind es die skandinavischen Länder.

STANDARD: Österreich definiert sich als Ausbildungsland, das ist durchaus positiv, die Nachwuchsarbeit in den Akademien funktioniert. Hat das aber nicht zur Folge, dass die wirklich guten Kicker nie in der Bundesliga zu sehen sind? Sie wechseln als Jugendliche ins Ausland. Droht durch diesen Aderlass nicht ein Niveauverlust?

Ebenbauer: Wir wollen aufgrund unserer guten Ausbildung die Talente überzeugen, ihren Profiweg in Österreich zu beginnen. Akademie, eine Saison Sky Go Erste Liga, zwei Saisonen tipico Bundesliga, dann ins Ausland, das wäre ideal. Das ist schwierig, aber machbar. Die Liga ist spannender und besser, als viele glauben.

STANDARD: Inwieweit ist die Bundesliga noch eine Solidargemeinschaft? Rapid fordert wieder einmal einen höheren Anteil an den ohnedies geringen Fernsehgeldern, spricht sich gegen das Gießkannenprinzip aus.

Ebenbauer: Man muss festhalten, dass der TV-Vertrag und das Titelsponsoring einstimmig angenommen wurden. Es ist ohnehin keine völlig gleiche Aufteilung gegeben. Ein Sechstel wird nach Zuschauerschnitt und Platzierung ausgeschüttet. Das ist der erste Schritt. Insgesamt ist das System solidarisch, die höchste Spielklasse gibt 22 Prozent an die zweithöchste ab. Aber ich verstehe Rapid. Rapid ist einer der Treiber für die Einnahmen. Es ist immer die Frage, wie weit man mit der Solidarität geht. Auch darüber wird nachgedacht.

STANDARD: Anderes Thema, andere Baustelle. Die Beginnzeiten sind für viele Fans suboptimal. Man hat das Gefühl, es wird gekickt, wenn es ins Fernsehschema passt.

Ebenbauer: Es gibt dauernd Gespräche, die Interessen sind unterschiedliche. Bis Juli 2018 steht der TV-Vertrag. Wir haben nur fünf Partien pro Runde, die sollen so wenig aufgeteilt wie möglich sein. Fakt ist, dass für Österreich eher die Europa League als die Champions League ein Thema ist. Ein Hauptspieltag am Sonntag ist folglich definitiv anzudenken. Die Anstoßzeiten im Sommer und im Winter sollten auch unterschiedlich sein.

STANDARD: Ist Bundesliga-Vorstand ein Traumjob?

Ebenbauer: Es gibt schlechtere. (Christian Hackl, 4.12.2015)