Zugangsbedingungen zum FH-Studium sind für alle: Abschlusszeugnisse, absolvierte Aufnahmeprüfung, die nötigen Sprachkenntnisse. Sie gelten auch für Asylwerber.

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Die Möglichkeit zu studieren hat jeder. So lautet eine Aussage, die alle Fachhochschulen in ihren Stellungnahmen mehrfach betonen. Ob Asylwerber oder Asylberechtigter spiele eigentlich keine Rolle, heißt es auf Anfrage des STANDARD. Nachsatz: Wenn die Bewerber alle nötigen Zeugnisse liefern können, die Sprache beherrschen und die reguläre Aufnahmeprüfung positiv absolvieren. Was aber, wenn die Zeugnisse auf der Flucht verlorengegangen sind? Was, wenn das Deutsch doch noch nicht ausreicht? Und müssen Flüchtlinge Studiengebühren zahlen? Die wichtigsten Fragen zusammengefasst:

Zugang zum Studium: Die rechtliche Grundlage bildet der sogenannte Gleichheitsgrundsatz, geregelt im FH-Studiengesetz. Dieser verpflichtet Fachhochschulen dazu, alle Studierenden gleich zu behandeln. Das gilt bereits für die Aufnahme. Unter die Zugangsbedingungen fallen für alle: Geburtsurkunde, Meldezettel, ein Zeugnis, das die Universitätsreife bescheinigt, müssen im Original und gegebenenfalls auch beglaubigt vorgelegt werden, auch facheinschlägige Berufserfahrung zählt, falls nachweisbar.

Dokumente: Einige der Fachhochschulen greifen bei der Aufnahme von Flüchtlingen auf kulantere Lösungen zurück. An der FH Oberösterreich wird etwa die Hochschulreife "auch vorläufig in einem persönlichen Interview getestet" , nachdem Geflüchtete es schwerer hätten, diesen zu erbringen. Für die Aufnahme zum Bachelorstudiengang Electrical Engineering würden den Bewerbern beispielsweise Fragen aus den Bereichen Physik, Naturwissenschaften und Mathematik gestellt werden.

Auf Empfehlung des Wissenschaftsministeriums haben FHs aktuell die Möglichkeit, von der Vorlage einzelner Urkunden abzusehen, "wenn glaubhaft gemacht wird, dass deren Beibringung innerhalb einer angemessenen Frist unmöglich oder mit übergroßen Schwierigkeiten verbunden ist". Viele FHs geben an, davon Gebrauch zu machen.

An der FH Vorarlberg gibt es eine Zusammenarbeit mit der Caritas, die Flüchtlinge im Bewerbungsprozess beratend unterstützt.

Außerordentliche Hörer: Entscheidet die jeweilige Fachhochschule, dass die erbrachten Zeugnisse und Dokumente für eine Aufnahme nicht ausreichen, steht es auch Flüchtlingen offen, als außerordentliche Hörer an Vorlesungen teilzunehmen.

Erforderliche Sprachkenntnisse: Ob Deutsch oder Englischkenntnisse verlangt werden, hängt von der Unterrichtssprache des jeweiligen Studiengangs ab. An der FH Technikum Wien ist das Deutschlevel B2 Voraussetzung. Die FH Wiener Neustadt verlangt, je nach Studiengang, das Deutschniveau C1 oder C2. Einige FHs bieten kostenlose Kurse für Flüchtlinge an.

Reichen Sprachkenntnisse nicht aus, wird man an den meisten FHs auch nicht zum Aufnahmeverfahren zugelassen. Wie reguläre internationale Studierende sind Flüchtlinge dann aber berechtigt, den Vorstudienlehrgang zu besuchen und die Deutschkenntnisse auf das geforderte Niveau zu heben. An der FH Vorarlberg arbeitet man derzeit an einem Zugang über den Vorstudienlehrgang für Asylwerber, da es hier möglich ist, dass bei negativem Aufenthaltsbescheid Ausfälle in den Jahrgängen eintreten, die bezüglich des Studienplatzes nicht mehr nachbesetzt werden können.

Aufnahmeprüfungen: Auch hier gilt: Die Prüfung ist für alle Interessenten gleich, egal ob Flüchtling oder nicht. An jenen FHs, wo Prüfungen durchgeführt werden, sollen diese also auch von Flüchtlingen absolviert werden.

Asylwerber oder Asylberechtigte müssen sich wie jeder andere auch für die vorhandenen Plätze bewerben – Extraplätze werden beim Großteil der Fachhochschulen nicht geschaffen. An der FH Technikum kann man sich aber vorstellen, zusätzliche Plätze zu schaffen, wenn ausreichend Kapazitäten vorhanden sind.

Studiengebühren: Auch hier gilt bei den meisten Fachhochschulen der "Gleichheitsgrundsatz". Wenn die Studierenden Gebühren zahlen müssen, gilt das auch für Flüchtlinge, heißt es bei den meisten. Die 363,36 Euro pro Semester werden etwa an der FH St. Pölten, der FH Campus Wien oder an der FH Wiener Neustadt eingehoben – die FH Technikum erlässt hingegen die Studiengebühren für Flüchtlinge, ebenso die FH Salzburg und die FH Kärnten.

Beihilfen und Mindestsicherung: Bei Vorliegen einer Asylberechtigung haben die Studierenden Anspruch auf Studienförderung. Problematisch kann es allerdings für Asylberechtigte werden, die keinen Anspruch auf Studienförderung haben und ein Vollzeitstudium aufnehmen, da in diesem Fall die Mindestsicherung durch das AMS ausfallen könnte, denn: "BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung müssen bereit sein, ihre Arbeitskraft einzusetzen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Dies kann im Falle eines Studiums in der Regel nicht angenommen werden", heißt es im Sozialministerium.

Anrechnung: Studienerfolge aus dem Ausland können angerechnet werden, falls nachweisbar.

Wie die FHs reagieren, falls ein Großteil der Personen diese Nachweise nicht bringen können und auch an der ehemaligen Hochschule niemand erreicht werden kann (weil etwa in Syrien die meisten Unis geschlossen wurden), wird aus den Antworten nicht ersichtlich. Das dürfte auch daran liegen, dass es noch nicht viel Erfahrung mit Flüchtlingen an Fachhochschulen gibt:

Flüchtlinge an FHs: An den meisten heimischen Fachhochschulen studieren noch keine Flüchtlinge. An der FH Oberösterreich belegen vier Asylberechtigte das Fach Electrial Engineeing und zwei – allerdings als außerordentliche Studierende – Medizintechnik.

An der FH Salzburg studieren aktuell drei Flüchtlinge aus Syrien: Ein 32-Jähriger besucht den Master Innovation and Management in Tourism, da er eine adäquate Vorbildung in Syrien abgeschlossen und die reguläre Aufnahme bestanden hat (siehe Seite 3). Zwei jüngere Syrer besuchen als außerordentliche Hörer den Bachelorstudiengang "Innovation and Management in Tourism".

Einige FHs geben an, dass sie nicht wissen, ob Asylwerber oder Asylberechtigte unter den Studierenden sind. Die FH des BFI weist etwa darauf hin, dass der Status aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erhoben wird. "Für alle in- und ausländischen Bewerber, unabhängig vom Status, gelten die gleichen Aufnahmekriterien."

Engagement: Werden die bürokratischen Anforderungen auch unterschiedlich gehandhabt, so eint die FHs das Engagement vieler Studierender und Lehrender auch abseits des regulären Betriebs. Viele sind in Notquartieren im Einsatz, teilweise wurden Gebäudeteile der FHs selbst zu Quartieren. Mehrere Sammelaktionen – von Computern über WLAN-fähige Handys bis zu Kleidung – wurden gestartet, Führungen und Begegnungsnachmittage für junge Flüchtlinge organisiert. (Lisa Breit, Lara Hagen, 4.12.2015)