Die Entwicklung zu einem Entrepreneur ist auch eine Entwicklung der Persönlichkeit, sagt Tobias Schlömer. "Es geht um Flexibilität, Autonomie und vorausschauendes Handeln."

Foto: istock

Welche Fähig- und Fertigkeiten Unternehmer brauchen und wie diese Eigenschaften bei Jungen gefördert werden können, darum ging es beim diesjährigen Entrepreneurship Summit im Haus der Industrie in Wien.

Organisiert vom eesi-Impulszentrum des Bildungsministeriums und der Kirchlich Pädagogischen Hochschulen Wien und Krems, ist die Veranstaltung der Höhepunkt der Global Entrepreneurship Week in Österreich.

Ein lebenslanger Prozess

Im Mittelpunkt des eintägigen Programms, mit Workshops und Vorträgen, stand das Konzept der Entrepreneurshipkompetenz: die Fähigkeit, eigenständig Ideen zu entwickeln und umsetzen zu können. Innovativ zu sein, egal ob es um die Entwicklung neuer Produkte und Produktionsverfahren oder neue Organisationsstrukturen geht. Diese unternehmerische Kompetenz habe zwei Komponenten, stellte Tobias Schlömer, Professor an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, in seiner Keynote fest: Einerseits helfe sie dem Einzelnen, sich beruflich selbst zu verwirklichen, sich in der Arbeitswelt zurechtzufinden. Andererseits sei sie auch das Fundament innovativer Start-ups.

Kompetenz in Entrepreneurship zu entwickeln, das sei ein lebenslanger Prozess. Dafür maßgeblich: Erfahrungen in der Praxis, nicht nur in der Theorie. Dort würde durch Konflikte, "wie eine unbefriedigende Produktlösung", oder Scheitern der Lernprozess in Gang gesetzt, sagt Schlömer. Aus dieser Erfahrung und der weiteren, auch fachlichen Auseinandersetzung ziehe man das wichtige Wissen. "Das es dann wieder anzuwenden gilt", sagt Schlömer.

Faktoren für die Gründung

Schließlich gehe es aber nicht nur um eine Kompetenz-, sondern auch um Persönlichkeitsentwicklung, sagt Schlömer, darum, zu lernen, vorausschauend zu handeln, flexibel zu sein und Chancen zu nutzen. "Es geht um Mündigkeit und Autonomie." Bei Start-ups etwa würde die Persönlichkeit der Gründer maßgeblich über Erfolg und Misserfolg entscheiden, sei "der Kern des unternehmerischen Prozesses".

Der feste Wille, Ziele zu erreichen, das Streben nach Unabhängigkeit, soziale Haltungen: All das seien Faktoren, die für die Gründung eines Start-ups wichtig sind. Ebenso die Fähigkeit, kreativ zu imitieren. "Kapieren geht vor kopieren." Die Arbeit in einem Start-up würde unternehmerische Kompetenzen weiter pushen, sei ideal für den beruflichen Werdegang von Entrepreneurs, sagt Schlömer.

Nicht zu viel nachdenken

Wie man eigene Fähigkeiten optimal managen und nutzen kann, darüber sprach Richard Pircher, Professor an der Fachhochschule des BFI Wien.

Die wichtigste Voraussetzung sei, in sich hineinzuspüren, "zu spüren, dass einen etwas antreibt", sich zu fragen: "Warum tue ich das überhaupt?" Zweitens gelte, nicht zu viel nachzudenken. "Wir können die Idee in unserem Kopf wieder und wieder in die kleinsten Teilchen zerlegen." Aber das Grübeln habe auch große Nachteile: "Einer davon ist, dass man dazu tendiert, immer mehr in einem Tunnel zu denken. Man hat Scheuklappen auf und nimmt das Links und das Rechts nicht mehr wahr." Zu viele Informationen würden dazu führen, dass Entscheidungen langsamer, im schlechtesten Fall schlechter getroffen werden, sagt Schlömer. "Weil unser Arbeitsgedächtnis überlastetet ist."

Studien würden außerdem zeigen, dass man bei zu viel Nachdenken über eine Entscheidung zu sehr auf die Meinungen von außen fokussiere.

Der gute Rat: "Immer wieder abzuwägen: Habe ich nicht schon genug Information? Und anstatt noch mehr einzuholen vielleicht einmal die Vögel beobachten." Wahrzunehmen, "was eigentlich da ist", sei für das Fortkommen wichtig, Motto: Unbewusstes bewusst nützen. "Viele große Erfinder sagen, dass ihnen die besten Ideen im Traum gekommen sind."

Gerade in der heutigen Zeit würde man einen großen Schatz für Innovationen, "nämlich den der Intuition", nicht mehr gebrauchen. Allzu sehr würden sich Menschen auf rationales Denken verlassen.

Freiheit schaffen

Auch darum, wie Organisationen in ihren Mitarbeitern Innovationssinn, einen unternehmerischen Geist, wecken können, geht es Pircher. Sein Rat: Sie sollten Hierarchien, so gut es geht, abbauen. Über- und Unterordnungen seien in der Gestaltung eines Unternehmens zu Recht das "Auslaufmodell", sagt Pircher – stattdessen gehe darum, die individuellen Fähigkeiten eines jeden zu nutzen. Wenn Chefs ihren Mitarbeitern Entscheidungen überlassen oder sie zumindest an der Entscheidungsfindung beteiligen würden, motiviere das diese. "Sie sind in der Folge engagierter und innovativer."

Zu den möglichen Herausforderungen: Nicht jeder will sich im Beruf engagieren. "Es gibt diejenigen, die um neun ins Büro und um 17 Uhr hinaus gehen wollen." Zudem müssten Führungskräfte das nötige Mindset mitbringen. "Sonst lassen sie nicht von ihrer Position an der Spitze ab." Mitarbeiter müssten wiederum in der Lage sein, mit einem Mehr an Freiheit und Verantwortlichkeit auch umgehen zu können. (Lisa Breit, 15.12.2015)