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Migranten müssen oft Jobs ausüben, die unter ihrem Qualifikationsniveau liegen.

Foto: dpa

Wien – Wie kann ein Land Zehntausende Menschen mit fremder Muttersprache und anderem kulturellen Hintergrund gut am Arbeitsmarkt integrieren? Diese Frage gilt seit Beginn der aktuellen Flüchtlingskrise als eine der zentralen Herausforderungen für die EU in den kommenden Jahren.

Während Vorhersagen für die Zukunft schwer sind, lässt sich manchmal etwas aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen. Vor diesem Hintergrund hat die Statistik Austria am Montag eine umfassende Studie über die Arbeitsmarktsituation von Migranten in Österreich vorgelegt. Dabei wurde untersucht, wie sich Menschen am österreichischen Jobmarkt schlagen, die im Ausland geboren sind. Ganz gleich, ob es sich nun um inzwischen eingebürgerte Gastarbeiter aus der Türkei handelt oder um frühere Kriegsflüchtlinge aus Bosnien.

Grafik: DER STANDARD

Aus Sicht der Migranten fällt das Ergebnis durchwachsen aus. Wer im Ausland geboren wird, ist im Schnitt deutlich häufiger und länger arbeitslos, fühlt sich öfter überqualifiziert und kann selbst eine abgeschlossene Ausbildung weniger oft vorteilhaft nutzen als gebürtige Österreicher.

Fast 24 Prozent der im Ausland geborenen Menschen fühlen sich etwa für ihren aktuellen Job überqualifiziert. Bei Österreichern sind es im Schnitt nur 8,8 Prozent. Ein Teil der Erklärung für diese Diskrepanz liegt darin, dass Migranten selbst dann häufig nur Hilfstätigkeiten im Handel oder in der Industrie ausüben, wenn sie gar nicht schlecht ausgebildet sind. Rund 40 Prozent der Migranten, die eine Lehre absolviert oder eine höhere Schule (HTL, HAK) besucht haben, arbeiten als ungelernte Arbeitskräfte. Für Österreicher mit Lehrabschluss liegt diese Quote bei nur 18 Prozent. Ausländische Akademiker arbeiten fast sechsmal so häufig als Hilfsarbeiter wie Österreicher (siehe Grafik).

Migranten nicht gleich Migranten

Wobei Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer bei der Präsentation der Zahlen betonte, dass Migranten nicht gleich Migranten sind. Als erfolgreich dürfen nämlich die 167.000 Bosnier im Land gelten. Das zeigt sich etwa darin, dass die Arbeitslosigkeit unter Migranten aus der Türkei im Schnitt bei fast 18 Prozent lag, während die Quote für Bosnier nur 6,7 Prozent beträgt.

Auch die Erwerbstätigenquote war unter Bosniern mit über 70 Prozent ähnlich hoch wie jene der Österreicher. Hier sieht Pesendorfer eine der wichtigen Lehren für die Debatten in der Flüchtlingskrise. Das Beispiel der gut integrierten Bosnier zeige, wie problematisch die Forderungen nach Asyl auf Zeit eigentlich sind, so der Chefstatistiker.

Gut integrierte Bosnier

Die meisten Bosnier sind in den 1990er-Jahren als Kriegsflüchtlinge nach Österreich gekommen und nicht weil sie auf der Suche nach neuen beruflichen Chancen waren. Doch inzwischen sei diese Gruppe sozioökonomisch gut integriert. Solche Zahlen sollte man im Kopf haben, wenn darüber diskutiert wird, wie man mit Asylwerbern in Österreich in ein paar Jahren umgeht, wenn die kriegerischen Konflikte in ihren Heimatländern vorbei sind, so Pesendorfer. Für erfolgreiche Integration sei Asyl auf Zeit nicht förderlich.

Die Zahlen der Statistik Austria stammen aus einer Arbeitskräfteerhebung, die in einer Reihe von EU-Staaten durchgeführt wurde. In Österreich wurden 23.460 Personen befragt. Die Erhebung fand noch im Jahr 2014 statt, als der Flüchtlingsstrom einsetzte.

In diesem Zusammenhang gibt es aus Sicht Pesendorfers noch eine wichtige Lehre für die Zukunft: Er argumentiert, dass der Erwerb der deutschen Sprache neben Bildung der große Schlüssel ist, um beruflich in Österreich Fuß fassen zu können. Der Statistiker belegt dieses Argument mit einem Vergleich: So sind Migranten mit deutscher Muttersprache, also etwa Einwanderer aus Deutschland und der Schweiz, im Berufsleben in Österreich deutlich erfolgreicher als andere Gruppen. Nicht nur die Arbeitslosigkeit ist innerhalb dieser Gruppe sehr gering. Es fühlen sich auch viel weniger Menschen mit deutscher Muttersprache in ihrem Berufsalltag überqualifiziert.

Schlüssel zur Integration

Nicht nur Pesendorfer, auch der Chef des Arbeitsmarktservice, Johannes Kopf, argumentierte in den vergangenen Wochen ähnlich: Um Flüchtlinge gut in Österreich integrieren zu können, sei es vor allem wichtig, dass sie die Sprache lernen. Während es vor 15 bis 20 Jahren noch gut möglich war, Menschen ohne Deutschkenntnisse in Österreich zu vermitteln, sei dies heute schwer bis unmöglich, so Kopf.

Nicht ganz klar ist bei solchen Erklärungsansätzen freilich, was sich geändert hat: Sind Österreichs Unternehmer weniger tolerant gegenüber Angestellten, die kein Deutsch sprechen, oder erfordert der Wandel in der Arbeitswelt heute bessere und mehr Sprachkenntnisse? (szi, 30.12.2015)