Deutschlands Banken führen mit Paydirekt ein eigenes Angebot für das Bezahlen im Internet ein. Erste Institute und Händler machen mit. Doch die Konkurrenz etablierter Anbieter ist groß.

Zu lange abgewartet

Lange haben Deutschlands Banken zugeschaut, wie die Konkurrenz den Markt für Onlinebezahlungen unter sich aufteilt. Zu lange? Immerhin: Dreieinhalb Jahre nach ersten Vorarbeiten rollt das Paypal-Konkurrenz-Angebot der deutschen Banken seit diesem Herbst langsam an. Für den großen Aufschlag im umsatzstarken Weihnachtsgeschäft allerdings kommt Paydirekt, wie das Gemeinschaftsprojekt der deutschen Kreditwirtschaft heißt, zu spät.

"Wir sind gerade dabei, die Banken an Bord zu bekommen", schilderte Paydirekt-Geschäftsführer Niklas Bartelt Mitte November bei einer Konferenz. 700 Institute seien inzwischen angeschlossen. Die ersten Nutzer waren Kunden der Hypo Vereinsbank (HVB): Am 17. August um 10.46 Uhr wurde beim Onlinehändler D-Living eine Dartscheibe via Paydirekt bezahlt – ein Treffer ins Schwarze für die etwa 80 Mitarbeiter in der Start-up-Atmosphäre der Frankfurter Paydirekt-Räume.

Mehr als 40.000 Nutzer

Millionen Kunden sollen mit Paydirekt schnell, einfach und sicher bei Onlinehändlern zahlen. Nach einmaliger Registrierung können sie beim Einkaufen im Internet in der Regel per Eingabe von Benutzername und Passwort zahlen. Die fälligen Beträge werden vom hinterlegten Girokonto abgebucht – die Daten bleiben somit bei der Hausbank und auf Servern in Deutschland. Paydirekt-Geschäftsführer Bartelt spricht von 50 Millionen onlinefähigen Konten, die angebunden werden könnten. Mitte November hatte Paydirekt 40.000 Nutzer, fünf Händler boten zu diesem Zeitpunkt das neue Verfahren als Bezahlweg an.

Konkurrent Paypal ist seit 2004 in Deutschland aktiv und hat nach jüngsten Angaben deutschlandweit 16 Millionen Kunden. Mehr als 50.000 deutsche Onlinehändler bieten Paypal nach Angaben des US-Unternehmens als Zahlungsmethode an, darunter knapp 900 der 1.000 größten Onlineshops in Deutschland. Paypal-Deutschland-Chef Arnulf Keese verweist auf Studien, wonach Kunden Onlineeinkäufe am liebsten per Rechnung begleichen, auf den Plätzen folgten Paypal, Lastschrift und Kreditkarte. "Das ist eine Präferenz, gegen die sich alle Marktteilnehmer behaupten müssen", erklärt Keese.

Strategische Investition

"Der Markt hätte kein zweites Internetbezahlverfahren gebraucht", findet Hans-Martin Kraus von der Unternehmensberatung Capco. "Aber die Banken brauchten es, um eine Flanke zu schützen und um neue Zukunftspotenziale aufzubauen." Es gehe letztlich um Kundenbindung.

Christian Bruck, Partner bei BearingPoint, sieht es ähnlich: "Aus meiner Sicht ist Paydirekt eine strategische Investition der Banken als Antwort auf diverse andere Anbieter." Es sei ein "Vorteil, dass sich die deutsche Kreditwirtschaft endlich mal zusammengerauft" habe.

"Wir hatten das vielleicht lange nicht richtig auf dem Radar, haben es auch nicht richtig ernst genommen", räumt DZ-Bank-Chef Wolfgang Kirsch ein. Aber jetzt seien die deutschen Banken beim Thema moderne Bezahlverfahren "ganz gut unterwegs". Kirsch: "Paydirekt ist für mich eine Blaupause für eine engere Zusammenarbeit der drei Säulen."

Keine reibungslose Zusammenarbeit

Reibungslos freilich war die Zusammenarbeit bei Paydirekt nicht. Während Privatbanken wie Deutsche Bank und Postbank, Commerzbank und Comdirect, HVB sowie die Volks- und Raiffeisenbanken von Anfang an mitmachten, zögerten die Sparkassen lange. Bei einer Branchentagung im September bremste Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon erneut: "Wir legen allergrößten Wert auf Sicherheit und Qualität." Neueste Verschlüsselungstechnologien müssten erprobt werden. "Deshalb raten wir dazu, in diesem Jahr zunächst die bereits fertigen Anwendungen umfangreich mit Mitarbeitern und einzelnen Instituten zu testen."

Unterdessen schafften erste Institute Fakten: Die HVB schaltete Paydirekt Anfang November für alle ihre Kunden frei, am 25. November folgte die Commerzbank. Commerzbank-Paydirekt-Experte Torsten Daenert erklärt: "Das ist für uns der Einstieg in digitales Bezahlen in der Breite – und zwar für alle Kunden."

Kein externer Dienstleister

Die Bundesbank begrüßt die Bestrebungen der Banken. "Uns gefällt an Paydirekt, dass wir ein sicheres und effizientes Zahlverfahren haben für die Verbraucher. Uns gefällt, dass es ein Zahlverfahren der Banken ist", sagt der Zentralbereichsleiter Zahlungsverkehr, Jochen Metzger. "Uns gefällt, dass es keinen externen Dienstleister dazwischen gibt, sondern es direkt vom Girokonto kommt. Und wir haben die Hoffnung, dass Paydirekt Wettbewerb bringt."

Der Handelsverband HDE traut Paydirekt den Durchbruch zu – wenn der Preis auch für den Handel stimme. Und HDE-Experte Ulrich Binnebößel nennt eine weitere Voraussetzung: "Die Anbieter müssen geschlossen hinter dem Verfahren stehen und dies überzeugend nach außen bringen." (APA, 30.11.2015)