Neue Funktion, altbekannte Klagen: Manfred Haimbuchner kritisiert das politische Abkupfern blauer Ideen, möchte mehr Sicherheit an den Grenzen – und deutlich weniger Experten im Land.

Alex Schwarzl

STANDARD: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit der ÖVP?

Haimbuchner: Bestens. Sie hat aber auch in den vergangenen sechs Jahren gut funktioniert.

STANDARD: Zum Start von Schwarz-Blau in Oberösterreich gab es aber, angesichts der fehlenden Frauen in der Landesregierung, heftige Kritik. Ist es um die weiblichen Personalreserven in der FPÖ tatsächlich so schlecht bestellt?

Haimbuchner: Ich habe nie Quotendiskussionen geführt – und werde jetzt nicht damit anfangen. Bei uns spielt die Regionalität eine übergeordnete Rolle. Und danach wurde auch das Personal gewählt.

STANDARD: Die Regionalität steht bei der FPÖ also über den Frauen?

Haimbuchner: Wir haben diese Frage in der Partei basisdemokratisch entschieden. Aber ja, die FPÖ hat Nachholbedarf, was das Engagement von Frauen in der Politik betrifft. Da mache ich auch überhaupt kein Geheimnis daraus. Aber Quoten halte ich auf allen Ebenen für nicht angebracht.

STANDARD: Aber es ist doch peinlich, dass Oberösterreich jetzt österreichweit die einzige Landesregierung ohne Frau hat, oder?

Haimbuchner: Peinlich ist die Diskussion, die darüber geführt wird. Wir haben bitte ganz andere Probleme in diesem Land.

STANDARD: Stimmt. Viele haben ein Problem mit der von der FPÖ im Regierungsprogramm verankerten Deutschpflicht in Schulen. Verfassungsrechtler sehen das Prinzip "Schulsprache Deutsch" als grundrechtswidrig an. Sind blaue Forderungen letztlich das (Regierungs-)Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden?

Haimbuchner: Man muss einmal manchen Journalisten und Politikern, die das Arbeitsübereinkommen heftig kritisieren, eine gewisse Überforderung konstatieren.

STANDARD: Noch spüre ich keine Überforderung. Sie sind Jurist – ärgert Sie das, wenn viele Ihrer Kollegen der Meinung sind, dass die Deutschpflicht nicht "menschenrechtskonform" sei?

Haimbuchner: Natürlich. Aber ich bin die Schläge der Moralkeule gewöhnt. Man hat mir vorgeworfen, dass die deutsche Sprache als Voraussetzung für den Erhalt einer Sozialwohnung in Oberösterreich rechtlich unmöglich sei. Was ist letztlich passiert? Recht hab’ ich bekommen. Heute werden diese Richtlinien umgesetzt. Alle Forderungen, die die FPÖ in den letzten Jahren aufgestellt hat, werden Schritt für Schritt übernommen.

STANDARD: Tatsächlich?

Haimbuchner: Ich erinnere an die Unmöglichkeit der Überwachung der Grenzen aufgrund des Schengenabkommens. Wir waren auch die Ersten, die gesagt haben, dass es bei Integrationsunwilligkeit entsprechende Konsequenzen geben muss. Der Herr Kurz übernimmt jetzt Punkt für Punkt jede Forderung. Wenn die FPÖ diese aufstellt, ist es pfui, machen es andere Parteien, dann sind das plötzlich Meilensteine der Politik.

STANDARD: Bildungsexperten sprechen schon von einer "kognitiven Schlichtheit der Politik".

Haimbuchner: Was die Deutschpflicht in der Schule anbelangt, lasse ich mich sicher nicht von sogenannten Bildungsexperten belehren. Das Problem ist, dass wir in einer Gesellschaft leben, die von Experten nur so strotzt. Und im Bildungssystem läuft dennoch so vieles schief. Fakt ist: Wenn ich die Sprache des Landes, in dem ich aufwachse, nicht beherrsche, dann werde ich Probleme haben.

STANDARD: Englisch und Französisch in der schulischen Jausenpause sind erlaubt?

Haimbuchner: Eine absurde Frage. Wir haben in Österreich sicher nicht das Problem, dass in den Schulhöfen zu viel Englisch gesprochen wird.

STANDARD: Sie haben in letzter Zeit nicht nur die Bildungsexperten vergrault. In den Reihen der Exekutive ist man angesichts Ihrer Aussage, Polizisten würden an den Grenzen derzeit "wie Schlepper" agieren, mächtig sauer.

Haimbuchner: Auch das halte ich aus. Wenn die Polizei nichtregistrierte Personen quer durch Österreich transportiert, kann man das nur als Schlepperei bezeichnen.

STANDARD: Sie haben sich immer dafür ausgesprochen, die Grenzen dichtzumachen – also ein Zaun. Sicherheitslandesrat Elmar Podgorschek ist klar gegen einen Zaun. Gibt es eine einheitliche Linie in der FPÖ zum Grenzverhalten?

Haimbuchner: Wir können uns alle Maßnahmen vorstellen, die dazu führen, dass eine Grenze tatsächlich gesichert wird. Wenn das durch das Personal nicht mehr möglich ist, dann müssen technische Einrichtungen her.

STANDARD: Also keine einheitliche Linie in der FPÖ?

Haimbuchner: Wir als Freiheitliche sind für eine Sicherung der Grenzen. Und da darf man nichts ausschließen – auch keine technischen Maßnahmen. (Markus Rohrhofer, 29.11.2015)