Wenn ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka Mindestsicherung in Sachleistungen auszahlen will, damit sie "nicht in Alkohol investiert" werden kann, dann muss sein SPÖ-Pendant angemessen kontern. Andreas Schieder ätzte postwendend, die ÖVP wolle arme Menschen zu "Lumpenproletariat" degradieren. So braucht man die Reform der Mindestsicherung gar nicht anzufangen.

Grundsätzlich sollte man schon darüber nachdenken, ob dieses im Prinzip sehr sinnvolle Instrument der Sozialpolitik auch so funktioniert, wie es beabsichtigt war. Das bestreiten im Übrigen auch die Oppositionsparteien nicht, die Häme über die ÖVP-Reformvorschläge ergießen.

Es ist schon was dran: Die ÖVP als "Familienpartei" konnte nie genug an Förderung für das klassische Vater-Mutter-Kind-Modell bekommen – so lange es sich um heimische, ergo "christliche" Kinder handelte. Jetzt, da absehbar ist, dass "ausländische", mehrheitlich muslimische Familien um Mindestsicherung ansuchen werden, ist man plötzlich für Obergrenzen. Das wirkt irgendwie durchsichtig.

Dennoch: Bedarfsorientierte Mindestsicherung, wie sie derzeit gestaltet ist, fördert nicht gerade die Eigeninitiative. Wenn es etwa möglich ist, das dritte Lehrjahr zu schmeißen und dennoch Mindestsicherung zu beziehen, die höher ist als jede Lehrlingsentschädigung, kann das wohl nicht im Sinne der Erfinder sein. Wenn bei Zuverdienst der komplette Verlust der Mindestsicherung droht, wirkt das auch kontraproduktiv – statt anzuerkennen, dass jemand wieder arbeitet.

Über Sachleistungen zu sprechen, ist bestimmt nicht verkehrt: Warum nicht darüber nachdenken, bedürftige Kinder mit einem "Bildungsscheck" (etwa für Fördermaßnahmen) auszustatten – um auf diesem Weg auch gleich den schwer unterfinanzierten Schulen zu helfen?

Das wäre zumindest besser, als über Alkoholprobleme und Lumpenproletarier zu schwadronieren. (Petra Stuiber, 27.11.2015)