Zagreb – In Kroatien kommt die Regierungsbildung knapp drei Wochen nach der Parlamentswahl, die zu einer Patt-Position zwischen den amtierenden Sozialdemokraten (SDP) und der konservativen Oppositionspartei HDZ führte, noch nicht voran. Nun scheint aber die bevorstehende Konstituierung des neu gewählten Parlaments den Gesprächen einen neuen Schub zu verleihen.

Staatspräsidenten Kolinda Grabar-Kitarovic legte die erste Sitzung des Parlaments für den 3. Dezember fest. Das dürfte die seit Wochen laufenden Gespräche, welche beide Großparteien mit der drittplatzierten Partei Most (Brücke) führen, beschleunigen. Die neue Reformpartei gilt als Königsmacher für die neue Regierung.

Der amtierende Regierungschef Zoran Milanovic rief am Freitag den Most-Chef Bozo Petrov auf, den Posten des Parlamentspräsidenten zu übernehmen, berichteten kroatische Medien. "Wir können und möchten mit Most eine Regierung bilden, die Entscheidung liegt bei ihnen", sagte Milanovic.

Die SDP kommt mit ihren Partnern und Minderheitsabgeordneten auf 66 Mandate im Parlament mit insgesamt 151 Sitzen. Ohne Most kann keines der beiden Lager eine absolute Mehrheit erreichen, was die Voraussetzung dafür ist, den Auftrag zur Regierungsbildung zu bekommen.

Die ersten Konsultationen bei der Präsidentin haben am Donnerstag bestätigt, dass derzeit keine der Großparteien eine absolute Mehrheit gesichert hat. Anders als die SDP wollte die HDZ bisher nicht enthüllen, wie viele Mandate ihr bis zu den erforderlichen 76 Stimmen fehlen. Bei der Wahl erreichte sie 59 Mandate und kann laut Medienberichten auch mit einem der insgesamt acht Minderheitsvertreter rechnen.

In den Gesprächen mit den beiden Großparteien stellt Most eine Reformbereitschaft als Bedingung für ihre Unterstützung. Petrov wollte sich zu dem Angebot des Premiers am Freitag nicht festlegen. Eine Entscheidung werde die Partei am Wochenende treffen, sagte er laut Medienberichten. Allerdings betonte er, dass Most an Reformen und nicht an Positionen interessiert sei.

Most, eine Plattform unabhängigen Listen, erreichte bei der Wahl am 8. November auf Anhieb 19 Mandate, was sie zur drittstärksten politischen Kraft machte. In der Zwischenzeit hat sie drei Mandatare bereits verloren, hält aber dennoch genug Stimmen, um Königsmacherin zu sein. (APA, 27.11.2015)