Vivienne Westwood, Modedesignerin: "Ich hoffe, dass wir uns der Realität rechtzeitig stellen, um uns zu retten. Sonst sind wir bald alle Flüchtlinge."

foto: braschler/fischer

Richard Branson, Gründer der Virgin Group: "Klimaschutz hat das Potenzial, die Wirtschaft zu entfesseln und Millionen von Menschen aus der Armut zu holen."

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Michael R. Bloomberg, UN-Sondergesandter für Klima und ehemaliger Bürgermeister von New York: "Durch den Umstieg in saubere Energie können wir das Leben von Milliarden Menschen verbessern."

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Gisele Bündchen, Model und UN-Umweltbotschafterin: "Wir müssen ein Leben im Einklang mit der Erde zur Priorität machen. Das ist unser Zuhause. Das einzige, das wir haben."

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Es begann in China. Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Peking starteten Mathias Braschler und Monika Fischer eine siebenmonatige Reise durch das Reich der Mitte. 30.000 Kilometer. An jedem Tag entstand ein Porträt. Wenn sie morgens aufbrachen, wussten sie meist nicht, wen sie fotografieren würden. Aber sie fotografierten – die älteste lebende Teilnehmerin von Maos Langem Marsch, einen Mechaniker, einen Bauern mit seinem Esel, einen Enten- und Geflügelhändler, eine Tagelöhnerin, den Gründer des Autoherstellers Lifan Holdings, der zu den reichsten Männern Chinas zählt.

Selbstporträt in der Nähe von St. Moritz vor dem Morteratschgletscher: das Fotografenpaar Monika Fischer (geb. 1971 in St. Gallen) und Mathias Braschler (geb. 1969 in Aargau).
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Die meisten wurden als Ganzkörperporträt in ihrer Alltagsumgebung von auffällig tiefem Kamerastandpunkt aus fotografiert. Das angedeutete Rembrandt-Licht verleiht den Bildern zusätzliche Dramatik; gleichzeitig strahlen sie eine gewisse Erhabenheit aus: Braschler und Fischer heben alle, egal ob arm oder reich, auf einen Sockel und stellen so im bevölkerungsreichsten Land der Erde das Individuum in den Mittelpunkt.

Im Rahmen dieses epischen Roadtrips hatte das seit 2003 zusammenarbeitende und in Zürich und New York lebende Paar Kontakt zu Menschen, die bereits Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekamen – extreme Dürre oder massive Überschwemmungen. Die Reise war Auslöser der Serie The Human Face of Climate Change (als Schicksale des Klimawandels 2011 bei Hatje Cantz erschienen). Fotos daraus sind in dieser STANDARD-Schwerpunktausgabe zu sehen.

Für das Projekt fotografierten sie Betroffene auf allen Kontinenten. Auch sie stehen oder sitzen erhaben in ihrer jeweiligen Lebensumgebung, werden vom Blitzlicht buchstäblich ins Rampenlicht gerückt, ohne jedoch vorgeführt zu werden. Vor allem aber lassen braschler/fischer ihre Protagonisten ausführlich zu Wort kommen: die Fischerin aus Thailand, den Busfahrer aus Russland, den Eislotsen aus Kanada, den Jäger der Iñupiat aus Alaska, die Lamahirtin aus Peru, den Winzer aus Australien, den Nomaden aus Mali, den Dorfältesten aus dem Tschad und den Schäfer aus der Schweiz. Sie alle berichten von ihren Beobachtungen und Erfahrungen, von den Veränderungen und Zukunftsängsten.

Dass sich unter all diesen Menschen auch der Platzwart eines Golfclubs in Las Vegas befindet, der davon berichtet, dass er den Rasen nicht genug bewässern kann, wirkt nur im ersten Moment lächerlich. Verdeutlicht sein Beispiel doch, dass die Folgen der Erderwärmung sogar in den USA zu spüren sind: Immerhin wollte US-Senator James Inhofe noch im März mit einem Schneeball, den er zu einer Senatssitzung in Washington mitbrachte, beweisen, dass der Klimawandel eine Verschwörung sei.

Solche Reaktionen machten den beiden Fotografen klar, dass das Thema noch viel mehr Aufmerksamkeit braucht. Und die bekommt man nun einmal meistens dann, wenn man berühmte Botschafter für seine Sache gewinnen kann. "Wir versuchen die Menschen mit verschiedenen Mitteln zu erreichen", erklärt Monika Fischer, die früher als Dramaturgin am Zürcher Opernhaus gearbeitet hat. Das ist einfacher gesagt als getan, "schließlich bekommen Stars wie James Cameron oder Gisele Bündchen jeden Tag 100 solcher Anfragen", so Mathias Braschler, der, bevor er sich 1994 der Fotografie zuwandte, u. a. Geologie studiert hatte. Sehr geholfen habe ihnen, dass ihr Projekt zum offiziellen Partner der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) sowie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) ernannt wurde. "Das brachte uns viel Credibility."

Die Lage ist ernst

Auf ihren düsteren Fotos sehen wir Berühmtheiten wie Unternehmer und Milliardär Richard Branson, Musiker Moby, Schauspieler Don Cheadle, Modedesignerin Vivienne Westwood und die ehemalige irische Staatspräsidentin Mary Robinson. Anders als bei den beiden vorangegangenen Projekten haben sich die beiden hier aus ganz praktischen Gründen dafür entschieden, ihre Klimawandel-Botschafter vor schwarzem Hintergrund zu fotografieren. "Es wäre schwierig gewesen, für jeden eine eigene Umgebung zu finden, die zu dem Thema passt", erklärt Fischer. Doch der Hintergrund erweist sich als sehr effektvoll, denn zusammen mit dem Rembrandt-Licht wirken die Stars, als wären sie niederländischen Gemälden des 17. Jahrhunderts entsprungen. Ernst und nachdenklich, aber auch ganz klar und beständig stehen sie als Persönlichkeiten zu ihrer Mahnung. Denn die Lage ist ernst. Das weiß Schauspieler Mark Ruffalo genauso wie der kanadische Walfänger Sandy Adam. Bleibt zu hoffen, dass es die Politiker bei der UN-Klimakonferenz COP 21 in Paris auch wissen. (Damian Zimmermann, 28.11.2015)