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Matthias Mayer rast zum fünften Mal in Lake Louise.

Foto: Reuters/ Eric Bolte-USA TODAY Sports

Lake Louise/Wien – Es gibt sie, die Zweifler. Jene, die im Abfahrtslauf nicht mehr die Königsdisziplin des alpinen Skisports sehen wollen. Der Slalom sei für den Zuseher attraktiver, die Konkurrenz stärker. Einst hätte man diese Ungläubigen in Österreich übler Ketzerei bezichtigt. Da galten technische Disziplinen als Rahmenprogramm, Helden fuhren alles, nur keine Kurven. Und heute? Sieht Fis-Präsident Gian Franco Kasper die Zukunft des heiligsten Skirennens, der olympischen Abfahrt, wegen ihres hohen Aufwandes in Gefahr. Was international kaum ein Achselzucken hervorrief, überstieg hierzulande auch die Vorstellungskraft des Olympiasiegers von Sotschi 2014. Der für gewöhnlich in sich ruhende Matthias Mayer ließ seinen Emotionen freien Lauf: "Es wäre schade."

Mayer ist eben kein Aufschneider, keine große Plaudertasche, also spricht er vor den anhebenden Überseerennen auch nicht über großes Kristall. Den Gesamtweltcup würden sich andere ausmachen, die Konzentration des Kärntners gelte den Speed-Disziplinen, also Abfahrt und Super-G. "Die Zeit der Allrounder ist vorbei. Man muss in erster Linie an seinen Stärken arbeiten." Wiewohl der 25-Jährige über den Sommer auch im Riesentorlauf aufgeholt haben soll, man hört von achtbaren Trainingszeiten. Eine Bestätigung zum Saisonauftakt blieb allerdings aus, eine schmerzhafte Schuhrandprellung machte Mayer in Sölden zum Zuseher. "Aber Training und Rennen sind ohnehin nicht zu vergleichen." Platzierungen unter den Top 15 seien im Riesentorlauf ein realistisches Ziel. "Ich bin schneller, der Weg zum Podium ist aber weit."

Vorerst ist aber ohnedies die direkte Linie gefragt, am Wochenende geht es in Lake Louise, Kanada, zur Sache. Am Samstag (19.30 Uhr MEZ) steht der Auftakt der Abfahrer an, am Sonntag folgt der Super-G (19 Uhr MEZ).

Kleines Malheur

Den Österreichern sollte eine Steigerung zum Vorjahr gelingen, damals war das Ergebnis ein kleines Malheur, Mayer wurde 15., Hannes Reichelt fuhr als bester ÖSV-Läufer auf den neunten Platz. An der Vorbereitung soll es jedenfalls nicht scheitern, in Chile wurde "super trainiert". Nach den Favoriten gefragt, verzichtet Mayer auf den Überraschungseffekt. Er nennt "die Norweger", also Kjetil Jansrud und Aksel Lund Svindal, den Italiener Dominik Paris und den Schweizer Patrick Küng. Mayer: "Es wird eng."

Der von Reichelt unlängst geäußerten Kritik am Weltcupkalender pflichtet der Olympiasieger bei: "Das Programm ist extrem umfangreich. Teilweise sitzen wir nur noch im Auto oder im Flugzeug – zwischendurch schnallen wir die Skier an." Im Dezember sind innert fünf Tagen ebenso viele Rennen angesetzt, im Februar jagt ein Termin den nächsten. Regenerationszeit gäbe es kaum. Zudem seien die Techniker punkto Weltcup durch die höhere Anzahl an Rennen bevorzugt. Jammern will Mayer nicht, die wahren Ungerechtigkeiten lägen anderswo. In der Flüchtlingsfrage beließ er es nicht bei Worten, mit Familie und Freunden konnte Mayer zwei irakischen Familien eine Bleibe verschaffen – Reden ist Silber, ein Olympionike zieht Gold vor. (Philip Bauer, 27.11.2015)