Die Piraten bleiben Spekulation, geben freilich eine gute Geschichte ab: angeführt vom liebenswürdigen Familienvater in Wickie-von-Flake-Perücke.

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Der Historiker Andreas Hutter suchte davon ausgehend nach weiteren Belegen für Piraten auf dem Traunsee.

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Herausgekommen ist eine sehr anständige Doku mit spektakulären Luftaufnahmen der Salzkammergutlandschaft und aufwendigen Schauspielszenen.

Foto: Meta Film

Traunkirchen/Wien – Ganz ohne "Fluch der Karibik"-Filmmusik ging es dann doch nicht. Zumindest im Trailer wollte Servus TV den Popkultur-Piratenmythos einstreuen – auch wenn alle anderen Beteiligten der Dokumentation "Die Salzpiraten vom Traunsee" betonen, dass es darin so gar nicht um alpenländische Jack Sparrows geht.

Historisch gesichert ist die Geschichte nicht, die Regisseur Fritz Kalteis erzählt: vom Piratendorf, das um das Jahr 1000 vorbeikommende Schiffe überfällt oder illegal Zoll auf das wertvolle Salz einhebt, das über die Traun aus Hallstatt geschifft wurde – angeführt vom liebenswürdigen Familienvater in Wickie-von-Flake-Perücke.

Einen einzigen historischen Hinweis auf Piraten am Traunsee gibt es tatsächlich. "Dieser Berg, einst ein Schlupfwinkel heidnischer Seeräuber, ist jetzt dem heiligen Johannes dem Täufer geweiht", steht auf einer Tafel an der Johanniskapelle, die auf einer in den See ragenden Halbinsel thront.

Freundliche Räuberkommune

Der Historiker Andreas Hutter suchte davon ausgehend nach weiteren Belegen. Gut möglich, dass solche in der Bibliothek des Klosters nebenan zu finden gewesen wären, wäre die nicht zweimal niedergebrannt. Oder sind die Salzpiraten ein folkloristisches Märchen? "Dass es rein erfunden ist, glaube ich nicht", sagt Hutter, der alte Schriften Wiener Kulturhistoriker aus dem 19. Jahrhundert zu den Salzpiraten untersuchte. Doch auch die vermischen gerne Mythos und Wahrheit, sagt Hutter.

Die Piraten bleiben Spekulation, geben freilich eine gute Geschichte ab: Die freundliche Räuberkommune wehrt sich gegen Kontrollfreak Graf Wilhelm vom Chiemgau, der erstens sein Zollmonopol durchsetzen und zweitens ein Kloster auf dem Piratenhügel bauen will, um sich einen guten Platz im Himmel zu sichern. Kalteis erzählt also die Geschichte "eines gallischen Dorfs, das sich gegen eine Übermacht stellt" – letztlich gestehe man dem Unterlegenen mehr Sympathie zu, sagt Kalteis zum STANDARD.

Herausgekommen ist eine sehr anständige Doku mit spektakulären Luftaufnahmen der Salzkammergutlandschaft und aufwendigen Schauspielszenen – unter anderem mit Christian Dolezal ("Der Fall des Lemming") und Martina Poel ("Vier Frauen und ein Todesfall"). Weil die Legendennacherzählung der Tourismusregion nicht gerade schadet, legten sich Gemeinden und Land Oberösterreich finanziell ins Zeug. Einschlägige Schulen in Hallstatt bauten mittelalterliche Boote und Instrumente. Wiederbelebte Legenden mobilisieren offenbar, auch wenn der wahre Kern fraglich scheint. (sefe, 27.11.2015)