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Foto: Reuters / Eric Vidal

Pro
von Karin Tzschentke

Zugegeben, bis vor kurzem gehörte ich noch zur Fraktion jener, die Leute, die ihre E-Mails im Gehen lesen, für bescheuerte Wichtigtuer halten. Warum der Sinneswandel? Weil mir mit jedem verschwendeten Jahr die Zeit schneller davonläuft – für die wirklich schönen Dinge im Leben. Also gilt es Zeit zu sparen. Und da ist jede Methode recht.

Der Gehalt einer E-Mail, die es wert ist, in Ruhe (und eventuell sitzend) gelesen zu werden, lässt sich auf den ersten Blick erfassen. Eben- und sowieso der überwiegend klägliche Rest.

"Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Medienpartner" ... Während ich so eine Mail im Gehen mit den Augen scanne und flink mit dem Daumen lösche, bin ich dem angestrebten Ziel schon etwas näher gekommen.

Zum Beispiel dem Kaffeehaus meines Vertrauens, in dem ich mich bei einer Melange beschaulich analogen Medien widmen kann, über Gott und die Welt nachdenke und überlege, was ich als Nächstes in Angriff nehme. E-Mails im Gehen lesen (und löschen), das ist wahrhaft gelebte Mobilität in vielerlei Hinsicht.

Kontra
von Fabian Schmid

Smombies: So bezeichnen Jugendliche angeblich Menschen, die ständig auf ihr Handy starren. Das behauptet zumindest eine unabhängige Jury des Langenscheidt-Verlags, welche die Mischung aus "Smartphone" und "Zombie" zum "Jugendwort des Jahres" gekrönt hat.

Ganz unrecht haben die Jugendlichen – sollten sie das Wort tatsächlich benutzen – ja nicht. Wer Passanten auf der Mariahilfer Straße beobachtet, ist automatisch von der erstaunlich geringen Anzahl an Aufprallunfällen fasziniert, die auf Smartphones starrende Fußgänger fabrizieren. Zwar hat Kollegin Tzschentke nicht unrecht, dass man mit dem schnellen Überfliegen und Wegwischen von E-Mails im Gehen Platz für die schönen Dinge am Zielort schafft.

Doch ganz ehrlich: Bei einer Vielzahl von Menschen ist das dann eben nicht die gedruckte Tageszeitung oder das Buch, sondern der nächste Bildschirm in Form von Tablet, TV oder Desktoprechner. Deshalb: Die kurze Zeit draußen nutzen – und nicht nur durch die Temperaturen mitkriegen, dass es Herbst geworden ist. (RONDO Digital, 2.1.2016)