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Die Regierung plant eine Ausbildungspflicht bis 18. Jugendliche, die keine Ausbildung machen und keinen Job haben, bekommen einen "Perspektivenplan".

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Das Sozialministerium unter Rudolf Hundstorfer (SPÖ) arbeitet federführend am Gesetzesentwurf für die Ausbildungspflicht.

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Wien – Jene rund 90.000 Schüler, die derzeit die neunte Schulstufe besuchen, sollen bereits ab kommendem Herbst dazu verpflichtet werden, eine Ausbildung bis zum 18. Lebensjahr zu machen. Ein Gesetzesentwurf soll noch in diesem Jahr in Begutachtung gehen, heißt es aus dem Sozialministerium zum STANDARD.

In das Vorhaben involviert sind vier Ressorts: Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP). Ein Begleitausschuss mit Ländervertretern und den Sozialpartnern arbeitet mit.

Laut Sozialministerium beginnen pro Jahrgang rund 5.000 Jugendliche nach Absolvierung der neunjährigen Schulpflicht keine weiterführende Ausbildung oder brechen diese ab. "Diese Zahl soll mit der Ausbildung bis 18 schrittweise und nach Möglichkeit auch deutlich reduziert werden", heißt es aus dem Sozialministerium.

Angebote abstimmen

Dreh- und Angelpunkt der Ausbildungspflicht soll das bereits bestehende Jugendcoaching sein. Alle bereits bestehenden Angebote des Arbeitsmarktservice und des Sozialministeriumsservice sowie die überbetrieblichen Lehrwerkstätten müssten aufeinander abgestimmt werden.

Wie Jugendliche zu einer weiterführenden Ausbildung motiviert werden können, schildert das Wirtschaftsministerium auf Anfrage des STANDARD. Wird die Ausbildungspflicht ohne Vorliegen eines zulässigen Ausnahmegrundes nicht erfüllt, haben die Koordinierungsstellen des Sozialministeriumsservice mit den Jugendlichen und den Erziehungsberechtigten Kontakt aufzunehmen und die weitere Vorgangsweise abzuklären, heißt es. Gemeinsam mit Betreuungseinrichtungen würde dann ein Perspektivenplan erstellt. Dabei soll berücksichtigt werden, ob der Jugendliche den Schulbesuch fortsetzen oder neu aufnehmen kann. Auch andere Wege zur Erfüllung der Ausbildungspflicht würden derzeit geprüft.

Das Familienministerium will Maßnahmen der Prävention und Information für Jugendliche und deren Erziehungsberechtigte setzen, damit es zu keinem Schulabbruch kommt.

Niederschwellige Angebote

Das Wirtschaftsministerium verweist zudem darauf, dass mit der Novelle des Berufsausbildungsgesetzes bereits jetzt niederschwellige Lehrangebote geschaffen werden können. Jugendliche, die aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen keine volle Lehre machen können, bekommen die Möglichkeit, einzelne Teile einer Lehrausbildung abzuschließen.

Neue Ausbildungsplätze müsse man nicht schaffen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Auch das Sozialministerium geht davon aus, dass es in einem ersten Schritt keine neuen Plätze braucht. Durch den demografischen Wandel würden österreichweit Ausbildungsplätze frei. Ein Monitoringsystem soll darüber Auskunft geben, wo Kapazitäten nötig sind.

Gewerkschaftsjugend skeptisch

Sascha Ernszt, Vorsitzender der Gewerkschaftsjugend, ist skeptisch, was die Pläne der Regierung betrifft. "Es ist nicht klar, ob genügend angemessene Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen." Eine Ausbildungspflicht würde auch Rechte beinhalten, etwa das Recht darauf, eine Lehrstelle in der Nähe des Wohnorts zu bekommen. Ernszt warnt außerdem davor, dass Jugendliche zu Ausbildungen gezwungen werden könnten, die nicht ihrem Interesse entsprechen. "Das wäre erst recht kontraproduktiv."

Vorgesehen sind übrigens auch Strafen. Eltern von Jugendlichen, die der Ausbildungspflicht nicht nachkommen, sollen in letzter Konsequenz zahlen müssen. Orientieren sollen sich die Strafen an jenen fürs Schuleschwänzen. Eltern müssen 440 Euro zahlen, wenn ihre Kinder der Schule unentschuldigt fernbleiben.

Zunächst ist aber ein "Beobachtungszeitraum" für die neu geschaffene Ausbildungspflicht vorgesehen. Sanktionen sind erst ab Herbst 2017 geplant. Die Ausbildungspflicht wird nicht der Schulpflicht gleichgesetzt, da sie nicht allein auf den Schulbesuch, sondern auf weiterführende Ausbildungen abzielt. (Katrin Burgstaller, Lisa Kogelnik, 26.11.2015)