"The White Cell Project" war ein herausragendes Projekt der Künstlerin, das sie zwischen 1983 und 1985 verfolgte: Sie baute eine Box, deren Seitenlängen ihrer Körpergröße entsprachen, die (Selbst-)Inszenierungen diente. Später lud sie auch andere Künstler und Künstlerinnen (Bodo Hell, Renate Kordon, Linda Cristanell u. a.) zu Performances in die beengten Zelle ein.

Foto: Margot Pilz

Wien – Ruck, zuck hatte man Margot Pilz 1978 zur Rädelsführerin erklärt. Dabei, so erinnert sich die Künstlerin in ihrer Retrospektive "Meilensteine" im Musa, habe sie die bei einer Versammlung des Frauenfests recht rabiat für "Ordnung" sorgenden Polizisten lediglich wissen lassen, dass sie ihre Aggressionen woanders abreagieren sollen. Man kann sich das wunderbar vorstellen, denn keck, resolut und leidenschaftlich wirkt die 79-Jährige noch heute. Was damals folgte? Pilz wurde abgeführt: eine wenig zimperliche Aktion.

Das traumatische Erlebnis wurde für Pilz, die bis dahin als Werbefotografin gearbeitet hatte, zur Initiation ihrer künstlerischen Arbeit. Eine Fotoserie aus jenem Jahr zeigt ihre im Schoß liegenden Hände: zu Fäusten geballt, verkrampft, angespannt. Gesten, die die Gefühlslagen der Verletzung und verzweifelter Wut in eindringliche Bilder übersetzen. Ähnlich Intensives gelang ihr in der Serie der "Sekundenskulpturen".

Psychische Befindlichkeiten mit dem eigenen Körper in Bilder übersetzen: Margot Pilz’ performative Fotografieserie "Sekundenskulpturen" entstand 1978.
Foto: Margot Pilz

Eine Reaktion, die sich wohl nicht nur auf das Ausgeliefertsein als Frau angesichts einer männerdominierten Staatsgewalt bezog, sondern auch auf seelische Erschütterungen der Kindheit. 1939 floh die gebürtige Niederländerin gemeinsam mit den Eltern vor den Nationalsozialisten, später folgten zwei Jahre in einem Konzentrationslager auf Java. Eine Zeit, von der die Performance "Once Upon My Time", aufgeführt 2014 im Künstlerhaus, erzählt. Dabei sang Pilz etwa auf einem Stockbett sitzend sarkastisch-ironische holländische Kinderlieder. Jenes, das Lager vergegenwärtigende Möbel, dient in der jetzigen Schau als Stellvertreter.

Es sind aber vor allem Pilz’ frühe, performative oder ihre den feministischen Körper- und Mediendiskursen verpflichteten Fotoserien, die zu überzeugen wissen. Entstanden ihre Medienarbeiten damals zu früh, um als Kunst begriffen zu werden, erleiden sie nun leider das "Zu spät"-Schicksal jener Ästhetiken, die kaum mehr nachvollziehbar sind.

Margot Pilz: "Celebration", 2011.
Margot Pilz GOTO MP

Aber zum Glück werden genug ihrer frecheren Werke erinnert: Ihr "Hausfrauendenkmal" für den Steirischen Herbst 1979 oder die auf bürokratische Widerstände stoßende Aktion "Kaorle am Karlsplatz" 1982. Um das urbane Strandhappening doch noch zu realisieren, marschierte sie schnurstracks in Helmut Zilks Büro. (Anne Katrin Feßler, 25.11.2015)