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Das Pensionssystem ist weniger gebrechlich als befürchtet: Ein neues Gutachten der Pensionskommission hält bisherige Kostenschätzungen für überzogen.

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Jahr für Jahr fließt mehr Steuergeld ins Pensionssystem – doch nun soll sich der Anstieg etwas einbremsen.

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Wien – Steigende Lebenserwartung bei niedrigem Pensionsantrittsalter ergibt explodierende Kosten: Nachrichten zum Thema Pensionen haben oft den Charakter von Hiobsbotschaften. Doch diesmal ist das anders, denn ein neuer Bericht der Pensionskommission birgt eine optimistische Prognose. Die staatlichen Ausgaben für die Altersversorgung werden demnach schwächer steigen als ursprünglich veranschlagt.

Offiziell wird das Gremium das Gutachten über die Entwicklung bis zum Jahr 2002 erst am Freitag debattieren, doch der Entwurf liegt dem STANDARD bereits jetzt vor. Den 95 Seiten starken, mit unzähligen Zahlentabellen gespickten Bericht fasst ein in der Kommission sitzender Experte wie folgt zusammen: "Grund zur Euphorie besteht zwar nicht, aber das Gutachten enthält auch keine Hinweise, dass bei den Pensionen Feuer am Dach ist."

Kosten um bis zu 792 Millionen pro Jahr niedriger

Die Berechnungen, die auf neuen Daten von Statistik Austria und den Wirtschaftsforschungsinstituten basieren, im Detail: Die aus Steuergeld ins Pensionssystem zugeschossenen "Bundesmittel" dürften nicht nur heuer – wie bereits durchgesickert war – weniger ausmachen, als im sogenannten Finanzrahmen, der Budgetplanung des Finanzministeriums, verbucht ist. Im laufenden Jahr sagt das Gutachten eine "Ersparnis" von 286 Millionen Euro voraus, 2016 sollen es bereits 591 Millionen sein, zwei Jahre später sogar 792 Millionen (siehe Grafik). Hält die Prognose, dann wird der Zuschuss zu den Pensionen im Jahr 2019 schließlich "nur" 12,54 Milliarden ausmachen statt 13,3 Milliarden laut Budgetvorschau.

Kostenanstieg gedämpft, aber nicht gestoppt

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es handelt sich dabei um eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Prognose. In Summe werden die Zuschüsse in die Pensionsversicherung (ohne Beamte) vor allem wegen der steigenden Lebenserwartung weiter wachsen, und zwar von heuer 10,39 Milliarden auf 13,23 Milliarden 2020. Weniger dramatisch im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ausgedrückt: Die Bundesmittel steigen binnen fünf Jahren von 3,07 auf 3,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Gestoppt ist der Kostenanstieg also nicht, aber immerhin gedämpft. Beginnen da Reformen zu greifen oder waren die alten Prognosen einfach überdramatisch? Das Gutachten schreibt diversen Eingriffen ins Pensionssystem sehr wohl Wirkung zu. Dies zeige sich etwa im Vergleich mit den Jahren 2008 bis 2014: Trotz einer "verschärften demografischen Entwicklung" – die Bevölkerung im pensionsrelevanten Alter wird in den kommenden fünf Jahren um 19,8 Prozent anwachsen – rechnen die Experten mit einer langsamer zunehmenden Pensionistenschar. Entfielen im Vorjahr auf 1.000 Pflichtversicherte noch 617 zu finanzierende Pensionen, soll die Quote bis 2020 auf 609 Pensionen zurückgehen.

Verschärfungen zeigen Wirkung

Demnach sei es gelungen, mit den in den letzten Jahren gesetzten Reformen den Zustrom in die verschiedenen Varianten des Ruhestandes einzudämmen: Erhöht wurden dabei nicht nur die Abschläge, sondern auch Altersgrenzen und andere Zugangsschwellen. Was ebenfalls Kosten dämpft: Wegen der laut Prognose moderaten Inflation fallen auch die jährlichen Pensionsanpassungen bescheiden aus.

Doch wie vertrauenswürdig ist die neue Prognose? Erstellt haben das Gutachten die Beamten des Sozialministeriums, die diesbezüglich nicht als Schönfärber bekannt sind. Die mit Experten, Sozialpartnern und Politikern besetzte Pensionskommission streitet zwar immer wieder über die Schlussfolgerungen, die Daten an sich sind in den mittelfristigen Prognosen aber meist unumstritten.

SPÖ gegen Pensionsautomatik

Ob dies der Finanzminister auch so sieht, ist allerdings fraglich. Hans-Jörg Schelling lässt seine ganz persönliche Pensionskommission an Reformideen tüfteln, um diese dem Koalitionspartner SPÖ als Verhandlungsbasis vorzulegen. Vermutungen, dass in diesen Plänen eine Pensionsautomatik enthalten sein wird, kommentierte der ÖVP-Politiker am Rande des Eurogruppentreffens in Brüssel laut Austria Presse Agentur uneindeutig. Er schließe gar nichts aus, sagte Schelling, um dann doch Vorbehalte anzumelden: Ein Automatismus, der das Pensionsalter ausschließlich an die steigende Lebenserwartung knüpfe, sei nicht "der Weisheit letzter Schluss".

Die SPÖ formuliert denselben Einwand deutlicher. Klubobmann Andreas Schieder lehnt eine Automatik, die ausschließlich auf Antrittsalter und Lebenserwartung abzielt, klipp und klar ab. (Gerald John, 24.11.2015)