Der US-amerikanische Musiker Ariel Pink ist am ersten Abend des dreitägigen Blue Bird Festivals im Wiener Porgy & Bess mit Band zu erleben. Seine Musik? Luftig bis durch den Wind, heiter bis wolkig.

Foto: Blue Bird

Wien – Im November zwitschern nur noch wenige Vogerln. Wenn nicht gerade ein Rabe heiser kräht oder ein Tauberl ob eines Fundes am Straßenrand zufrieden gurrt, bleibt nur ein Zwitscherling verlässlich übrig: Wieder lädt das Blue Bird Festival ein, zum elften Male schon.

Wie viele Ornithologen am Festival sind, darüber lässt sich nur mutmaßen, denn die Kernkompetenz des Blue Bird ist nicht gefiedertes Gezwitscher, sondern die Kunst des Songwritings. Blue Bird ist ein Songwriter-Festival, ausgetragen im Porgy & Bess, ins Leben gerufen und veranstaltet vom ORF-Journalisten Klaus Totzler, der das Genre traditionell großzügig interpretiert. Man muss nicht zwingend ein über die Lagerfeuergitarre gebogener Solokünstler sein, um eine Vorladung des Blue Bird zu bekommen, ganze Bands dürfen ran.

Abgetragener Glamour

Drei Abende hintereinander, von Donnerstag bis Samstag, erfreut ein gutes Dutzend Bands die Fangemeinde. Headliner des ersten Abends ist die nach ihrem Sänger benannte US-Band Ariel Pink. Geboren als Ariel Marcus Rosenberg, ist er schräger Folk-Rock-Interpret, behangen mit diversen Pitchfork-Media-Auszeichnungen. Etwa zur Zeit seines Albums Before Today (2010) galt der schrille Pink als Paradehipster.

Er vermengt in seiner Musik gerne die Westcoast-Luftigkeit der frühen 1970er-Jahre mit diversen stilistischen Brüchen zu immer noch meist leichtfüßig wirkenden Bastarden, die zudem Hinweise auf die ursprünglich als dilettantische Heimwerkerei angelegte Musik enthält. Gesalzen und gepfeffert wird seine Musik von Melancholie und abgetragenem Glamour.

Immer schon angestaubt waren Giant Sand. Wüstenstaub ist es in ihrem Fall. Die seit den mittleren 1980ern bestehende Formation rund um Mastermind Howe Gelb gilt längst als eine der tragenden Säulen eines ursprünglich im Zeichen des Punk reformierten Countryrock. Mittlerweile ist Gelb einer dieser Hutträger geworden, der derlei Manierismus zwar nicht notwendig hätte, aber bitte. Solange die Musik – wir sprechen von einem Output von mindestens 70 Alben – so abwechslungsreich und unberechenbar bleibt, darf der Deckel ruhig sein.

Vor Giant Sand stehen wieder einmal die herrlich desperaten Briten von The Wave Picture auf der Bühne. Sie darf man sich als transatlantisch versprengte Diaspora der grandios quengelnden Violent Femmes vorstellen, die, wie ihre Ahnen aus Madison, Wisconsin, aus kleinen Alltagsproblemchen große Tragödien im Drei-Minuten-Format machen.

Dass Iren nicht nur beherzte Zecher, sondern herzerweichende Poeten sein können, ist bekannt. Ein weiterer Beleg dieses Wesenszuges ist Conor O'Brien, der mit der Band Villagers den Abschlussabend des Blue Bird bestreiten wird. Weiters im Angebot: Die Band Polkov, Bernhard Eder, Cloe Charles oder Lola Marsh. (Karl Fluch, 24.11.2015)