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Umfrageplus nach Anschlägen: François Hollande.

Foto: AFP PHOTO / LIONEL BONAVENTURE

Am Montag verdreifacht Frankreich seine Luftwaffenkapazität auf einen Schlag: Neben den zwei Stützpunkten in Jordanien (mit sechs Mirage-Kampfjets) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (sechs Rafale-Jäger) nimmt der im östlichen Mittelmeer eingetroffene Flugzeugträger Charles de Gaulle (24 Jets) seinen Kampfbetrieb auf. Das bestätigte am Sonntag Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian.

Zugleich beginnt in Paris der diplomatische Reigen, mit dem Präsident François Hollande eine beherzte Reaktion auf die Anschläge in Paris bewirken will. Am Montag empfängt er im Élysée-Palast den britischen Premier David Cameron, am Mittwoch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Dazwischen jettet er nach Washington, wo er sich mit US-Präsident Barack Obama besprechen wird; am Donnerstag will er zudem in Moskau Wladimir Putin die Aufwartung machen.

Merkel auf Distanz

Beherrscht werden all diese Gespräche von einem Thema, dem Antiterrorkampf. Oder dem "Krieg", wie sich Hollande vor allem in den ersten Tagen nach den Anschlägen ausdrückte. Merkel hält am ehesten auf Distanz – verbal, aber auch geografisch. Ihre Regierung ließ nach der Ausrufung des EU-Bündnisfalls durch Paris verlauten, dass sie eher in Mali zu logistischer und sogar militärischer Hilfe für die französischen Truppen bereit wäre. Nach der jüngsten Geiselnahme in einem Luxushotel der malischen Hauptstadt Bamako wird man sich aber auch in Berlin dessen bewusst, dass selbst ein solcher Einsatz fern des nahöstlichen Brandherdes militärisch hochgefährlich wäre.

Cameron unterstützt Hollande

Auch Cameron muss zuerst sein Parlament befragen, bevor er die britischen Luftschläge gegen die Terrormiliz IS von Irak auf Syrien ausdehnen kann. Cameron ist aber der "festen Überzeugung", dass sich sein Land an den Luftangriffen gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien beteiligen solle, sagte Cameron am Montag nach einem Treffen mit Hollande in Paris. Er hat Frankreich zudem konkrete Unterstützung zugesagt: Die französische Luftwaffe könne den britischen Stützpunkt Akrotiri auf Zypern nutzen, die britische Luftwaffe wird ihren Nato-Partner außerdem mit der Betankung französischer Flugzeuge in der Luft unterstützen.

Die zentrale Frage bleibt jedoch die Rolle von Amerikanern und Russen in einer Koalition, die von einzelnen Medien bereits mit dem Bündnis gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg verglichen wird. So weit ist es in Syrien noch nicht.

Unter innenpolitischem – republikanischem – Druck, auch den Einsatz gewisser Bodentruppen zu erwägen, scheint Obama bereit, seinen vorsichtigen Syrien-Kurs zu revidieren. Aber nur unter amerikanischer Führung: Auch für Verteidigungsminister Ashton Carter kommt nur ein "US-geführtes Bündnis" infrage. Dabei sei Russland willkommen, fügt er an, wohl wissend, dass Moskau generell – und vor allem in Syrien – nie ein amerikanisches Kommando akzeptieren würde.

Hollande strebt deshalb bei seinen Treffen eine Lösung mit parallelgeschalteten Einsätzen an. Mehr liegt nicht drin angesichts so unterschiedlicher, ja konträrer Interessen: Moskau will das syrische Regime von Bashar al-Assad stützen, der Westen aber zuerst einmal den IS und sekundär auch Assad außer Gefecht setzen. Hollande hat seine kategorische Zurückweisung einer Absprache mit dem syrischen Präsidenten immerhin fallengelassen. Moskau interpretiert das als Annäherung an seine Position und bezeichnet Frankreich bereits als "Alliierten".

In Paris bedankt man sich ironisch für die Anbiederung, mit der Putin vor allem Washington unter Druck setzen will. Hollande versteht sich eher als Mittler. Diese Rolle kann ihm auch in Frankreich weitere Sympathien eintragen, nachdem er im Zuge der Pariser Anschläge bereits ein Umfrageplus von sieben Prozent verzeichnet hat. (Stefan Brändle aus Paris, 23.11.2015)