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Das Haus in Saint-Denis, in dem sich Abdelhamid Abaaoud verschanzt hatte.

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Mohammed A., ein Bruder des bei den Pariser Anschlägen getöteten Brahim A. und des flüchtigen Saleh Abdeslam, solidarisierte sich am Mittwochabend im belgischen Molenbeek mit den Trauernden.

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Paris/Brüssel/Damaskus – Erste Gerüchte hatte es schon im Laufe der Polizeiaktion in Saint-Denis gegeben; Mittwochabend berichtete dann die "Washington Post" – allerdings nur unter Berufung auf anonyme "europäische Geheimdienstquellen" –, dass Abdelhamid Abaaoud, mutmaßlicher Drahtzieher der jüngsten Pariser Anschläge, tot sei. Doch erst Donnerstagnachmittag kam die offizielle Bestätigung durch die französische Staatsanwaltschaft und durch Innenminister Bernard Cazeneuve.

Noch seien die genauen Umstände zum Tod des mutmaßlichen "Masterminds" unklar, aber die Identität sei gesichert. Mittlerweile verfüge die französische Exekutive auch über zahlreiche weitere Informationen zur Person Abaaoud. So sei er nach bisherigem Kenntnisstand an vier von sechs vereitelten Terroranschlägen auf französischem Boden beteiligt gewesen. Seine Aktivitäten spannten sich demnach geografisch zwischen Syrien und Frankreich, mit Verbindungen zu Extremisten auch in der Türkei und in Griechenland. Ob Abaaoud auch hinter dem Anschlag auf den Thalys-Schnellzug im vergangenen August steckte, werde noch geprüft, so Cazeneuve.

Keine Antwort konnte der Innenminister auf die Frage geben, wie es sein konnte, dass sich Abaaoud ohne Wissen der französischen Polizei in Paris aufhalten und auch frei bewegen konnte. Frankreich habe erst am 16. November, am dritten Tag nach den Anschlägen, Hinweise darauf erhalten, dass sich Abaaoud in Frankreich aufhalten könnte.

Vielmehr versuchte er, die Verantwortung zum Teil auf die europäischen Partner abzuschieben. "Die EU muss alles unternehmen, um den Terrorismus zu besiegen." An die EU-Innen- und -Justizminister, die am Freitag in Brüssel zusammentreffen, appellierte Cazeneuve, endlich alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Fahndungsarbeit effizienter zu machen. Insbesondere erwähnte er ein Abkommen zum Austausch von Passagierdaten.

Cazeneuve gab aber zu, dass die Theorie, die Anschläge seien allein im Ausland geplant und von dort aus angeleitet worden, mittlerweile brüchig sei.

Razzien auch in Brüssel

Unterdessen lief die Fahndungsarbeit nach möglichen weiteren Terrorzellen und Mitwissern auf Hochtouren weiter – und zwar nicht nur in Frankreich, sondern auch in Belgien. Allein in der Brüsseler Region gab es am Donnerstag mindestens neun Razzien, darunter auch im Stadtteil Molenbeek. Bei drei Razzien wurden Verdächtige festgenommen.

Unklar blieb der Ermittlungsstand im Zusammenhang mit mehreren Reisepässen, die alle auf den Namen eines angeblich vor Monaten getöteten syrischen Soldaten lauten. Ein solcher Pass wurde in der Nähe eines in Paris getöteten Attentäters gefunden. Der Mann war im Oktober mit dem Dokument in Griechenland als Flüchtling registriert worden. Zwar gilt als sicher, dass es sich um die gleiche Person handelt – das weist der Fingerabdruck nach, der in Griechenland und an den sterblichen Überresten des Attentäters gefunden wurde –, allerdings ist anzunehmen, dass der Pass gefälscht ist. Denn in Serbien wurden bei acht Migranten Pässe entdeckt, die auf denselben Namen lauten.

In einer Studie kritisierte die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) die Überwachungsgesetze der EU-Länder. Moniert wird, dass bei der Genehmigung von Überwachungen oft keine von Nachrichtendiensten und Exekutive unabhängigen Einrichtungen involviert sind.

Anschlagsangst in Bosnien

Erstmals seit Wochen stimmten sich die Generalstäbe Russlands und Frankreichs am Donnerstag über den Einsatz ihrer Seestreitkräfte gegen Terroristen in Syrien ab – eine unmittelbare Folge der Order von Russlands Präsident Wladimir Putin, Paris ab sofort als "Verbündeten" im Kampf gegen den Terrorismus zu behandeln.

Auch nach dem tödlichen Angriff auf zwei Soldaten nahe der bosnischen Hauptstadt Sarajevo gehen Ermittler von einem Terroranschlag aus: Es gebe Indizien, dass es sich bei dem Zwischenfall, bei dem Mittwochabend ein Mann zwei Soldaten erschoss, um einen Terrorakt handelt. (gian, red, 19.11.2015)