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Ein Rundschwanzsperber in Vancouver war schwer verseucht.

Foto: AP / Dean Fosdick

Vancouvers Behörden sind ehrgeizig. Es genügt ihnen nicht, dass Kanadas Westküstenmetropole stets in der Spitzengruppe der Städte mit der besten Lebensqualität erscheint. Oder dass dort bald mehr japanische Kirschbäume als in jeder anderen Stadt Nordamerikas blühen sollen. Bürgermeister Greg Robertson will dafür sorgen, dass Vancouver bis 2020 die umweltfreundlichste Stadt der Welt ist. Und nun möchten die Tourismusbehörden ihre Stadt zu einer globalen Destination für Vogelbeobachter machen.

Das geschieht nicht nur aus Liebe zu den 250 Vogelarten in der City. Gemäß einem Dokument der Stadt trugen Vogelbeobachter im Jahr 2009 allein in den USA rund 39 Milliarden Dollar an den Tourismusumsätzen bei.

Populäre Wahl des "City Bird"

Vancouver liegt auf dem Pacific Flyway, der Migrationsroute der Vögel von Alaska bis Südamerika, und in der Nähe des vogelreichen Deltas des mächtigen Fraser River. Die populärste Aktion von Vancouvers offizieller Vogel-Strategie ist die Wahl des "City Bird", des offiziellen Stadtvogels. Einer der Vögel kam beim Internet-Voting auf über 700.000 Stimmen – das ist mehr als Bürgermeister Robertson bei der letzten Wahl erhielt.

Der Stadtvogel für 2016 ist bereits gewählt: Es ist der Wanderfalke. "Er gilt als der Tarnkappenbomber der Vogelwelt", sagt die Biologin Robyn Worcester, "er ist mit bis zu 340 Stundenkilometern auch das schnellste Tier der Welt." Der Wanderfalke jagt Tauben und Enten "und erregt Furcht in den Köpfen vieler", heißt es auf der Website Vancouvers.

Verseuchter Vogel gefunden

Aber an solche Vogelangriffe aus der Luft denken die Tourismusbehörden nicht, wenn sie Werbung für die Vielfalt ihrer Vogelbevölkerung machen. Sie verschweigen auch eine problematische Entdeckung: In der Umgebung von Vancouver wurde heuer der am schwersten mit Zivilisationsgiften verseuchte Vogel der Welt gefunden. Es war ein Rundschwanzsperber, und der Giftgehalt in seinem Körper war deutlich höher als etwa bei Vögeln auf einer Müllhalde voller elektronischer Geräte in China.

Im Rundschwanzsperber fanden sich hohe Mengen der polybromierten Diphenylether (PBDE) einem Flammschutzmittel, mit dem früher Computer, Stereoanlagen, Fernseher und Autos behandelt wurden. Der feuerfeste habichtartige Vogel dürfte Spatzen erlegt und verspeist haben, die sich in Müllhalden bedienten. "Wir waren überrascht, so hohe Schadstoffwerte in einer sogenannten 'grünen Stadt' zu finden", erklärte Professor Kyle Elliott, Ornithologe von der McGill-Universität in Montreal.

Elliott hofft, dass mit dem jetzigen Verbot von PBDE künftig auch weniger Verseuchung in den Vögeln Vancouvers gefunden wird. Sonst könnten die hochfliegenden Pläne der Stadtbehörden einen rasanten Taucher erleben, vielleicht noch schneller als der Sturzflug eines Wanderfalken. (Bernadette Calonego aus Vancouver, 20.11.2015)