Salzburg – Die Stadt Salzburg hat am Donnerstag gedroht, das zentrale Transitquartier für Flüchtlinge am Weg nach Deutschland ab dem kommenden Wochenende völlig für Asylwerber zu sperren. Die Unterkunft sei nicht für diese Personengruppe gedacht, betonte Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) bei einem Pressegespräch. "Das System des geordneten Transits nach Deutschland gerät dadurch ernsthaft in Gefahr."

In der für 1.150 Personen ausgelegten Notunterkunft in der ehemaligen Autobahnmeisterei Liefering seien Donnerstagfrüh erstmals mehr als 500 Menschen gezählt worden, die gar nicht nach Deutschland wollen. Sie haben in Österreich einen Asylantrag gestellt, aber keine Unterkunft zugeteilt bekommen. Sie landeten im Transitquartier, um nicht auf der Straße zu stehen. "Weil sie keinen Platz finden, werden sie einfach in das ehemalige Asfinag-Gebäude gesteckt. Tendenz steigend", kritisiert Schaden. "Wir brauchen aber die volle Kapazität als Puffer, um den Zu- und Abstrom nach Deutschland zu bewältigen."

Zu wenig Plätze

Der Bürgermeister sprach von einem hausgemachten Problem. "Es gibt keine ausreichende Zahl an Asylquartieren. Das ist aber – je nach Stand des Asylverfahrens – Aufgabe des Bundes oder des Landes." Er könne nicht nachvollziehen, warum die seit Wochen versprochenen festen Landesquartiere mit insgesamt 800 Plätzen am Flussbauhof, in der Straniakgasse, im Salzachgässchen und in der Rainerstraße noch nicht in Betrieb seien. Auch im Verteilzentrum im ehemaligen Hotel Kobenzl, das 260 Asylwerber beherbergen könnte, seien derzeit nur rund 100 Menschen untergebracht. "Das Kobenzl ist chronisch unterbelegt. Der Bund macht es sich leicht, fährt seine Quartiere nicht hoch und füllt uns die Asfinag an", kritisierte Schaden.

"Handeln des Bundes illegal"

Seit Wochen sei zudem versprochen, dass ein abgetrennter Bereich der ehemaligen Autobahnmeisterei für 130 Asylwerber adaptiert wird. "Das läuft äußerst zögerlich." Die Stadt weise seit Monaten auf die Problematik hin. "Die Notunterkunft ist humanitär und baurechtlich nicht für Asylwerber geeignet. Das ist kein genehmigtes Asylquartier. Es gibt dazu keine Rechtsgrundlage. Das Handeln des Bundes ist illegal." Bund und Land seien darum um entsprechende Maßnahmen ersucht worden, um den Flüchtlingstransit nach Deutschland weiter funktionierend abwickeln zu können.

Denn noch eine Folge hat die gemeinsame Unterbringung von Transitflüchtlingen und Asylwerbern in dem Notquartier. "Sie kommen untereinander in Kontakt. Viele entschließen sich dabei spontan, in Österreich zu bleiben", betonte Schaden. Dabei würden nur mehr wenige Flüchtlinge aus Syrien einen Asylantrag stellen. "Die meisten kommen aus Pakistan, Afghanistan, dem Irak, dem Iran oder aus Nordafrika."

Wenig Verständnis vom Bund

Land und Bund haben am Donnerstag die Kritik von Schaden zurückgewiesen: "Jede eingeschränkte und kleinräumige Perspektive ist in der aktuellen Krisensituation kein Beitrag zu einer Lösung", sagte Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck.

"Die Drohung, das bestehende Quartier schließen zu wollen, wäre ein absichtliches Verschärfen der Situation." Dass das Quartier in der ehemaligen Autobahnmeisterei rechtlich gar keine Asylunterkunft ist, ließ Grundböck dabei nicht gelten. "Was in einer Krise gefordert ist, ist Flexibilität und lösungsorientiertes Arbeiten abseits bürokratischer Routinen." Zumal es für den Bund eine Herausforderung sei, wenn die eigenen Quartiere blockiert werden, weil Asylwerber längst in Unterkünfte unter Obhut der Länder hätten wandern sollen.

"Nicht konstruktiv"

Außerdem stellte Grundböck richtig, dass das Verteilzentrum im ehemaligen Hotel Kobenzl nicht für 260, sondern nur für 160 Asylwerber gedacht sei. "Für die volle Belegung mit 160 Personen liegt leider außerdem noch keine baubehördlich Genehmigung der Stadt Salzburg vor. Die Abnahme ist für 25. November angesetzt", sagte Grundböck. Eine Tatsache, die Schaden bereits im Pressegespräch am Donnerstagvormittag scharf zurückwies. Alle Bewilligungen lägen vor, das Quartier könne rechtlich ohneweiteres auch vor der Kollaudierung belegt werden.

Auch im Büro der zuständigen Landesrätin Martina Berthold (Grüne) hielt man die Kritik von Schaden für nicht für besonders konstruktiv: "Wir sind bei allen vom Bürgermeister heute genannten Quartieren in der Zeit oder sogar schneller", versicherte ein Ressortsprecher. "Der Stadt steht es jederzeit frei, von sich aus rasch umsetzbare Unterkünfte für Asylwerber anzubieten. Wir können die Situation nur gemeinsam mit den Gemeinden bewältigen. Da ist Zusammenarbeit gefordert." (APA, 19.11.20159