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Im Juli 2004 haben Finanzminister Karl-Heinz Grasser (links) und Co den Abtretungsvertrag der Bundeswohnungen (Buwog) unterschrieben. Ihm und dem Ex-Raiffeisenbank-Chef L. Scharinger (ganz rechts) droht ein strafgerichtliches Nachspiel.

Foto: APA/ARTINGER

Wien – In der Causa Buwog und Terminal Tower, in der unter anderem Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser beschuldigt ist, wird demnächst die entscheidende Runde eingeläutet. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird in den kommenden Wochen ihren Vorhabensbericht ans Justizministerium übermitteln – erwartet werden Anklagen.

Der Grund, warum die "Enderledigung" (Anklage oder Einstellung des Verfahrens) nun möglich ist: Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat entschieden, dass alle Dateien, die bei Walter Meischbergers Exanwalt Gerald Toifl im Juni 2010 beschlagnahmt worden sind, in den Gerichtsakt aufgenommen werden dürfen. Um diese Frage ist seit Mitte 2014 juristisch gestritten worden.

Entsiegelung ohne Anwalt

Der Grund dafür: Die Justiz hatte es unterlassen, Toifl bei der Sichtung der versiegelten Akten (3,62 Gigabyte) beizuziehen. Dabei ging es um die Festlegung, welche Dateien der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Aufgefallen war das Versäumnis erst, als die WKStA Ende Mai 2014 ihren ersten Vorhabensbericht vorgelegt hatte.

So geriet das seit Jahren anhängige Verfahren um den Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen erneut ins Stocken. Denn Toifl holte die Sichtung nach; am 17. Tag der ihm dafür eingeräumten Frist holte er den Datenstick von der Justiz in Wien ab ("Für einen Nichtwiener dauert das eben einige Tage", erklärte er in einer Beschwerde). Beim ersten Zustellversuch sei er auf Urlaub gewesen, nach seiner Rückkehr habe er telefonisch den Tag 17 der Frist als Abholtermin ausgemacht. Erst am letzten Tag gab er per Schreiben bekannt, er habe die Dateien nicht öffnen können. Gleichzeitig führte der Jurist aber auch aus, dass sowieso alle Dateien der Verschwiegenheitspflicht unterlägen, weil sie alle sein Mandat mit Meischberger beträfen.

Gericht sieht Verzögerungsabsicht

Dem Gericht erster Instanz war diese Erklärung zu "pauschal", es ortete "Verzögerungsabsicht" und ordnete an, die Daten zum Akt zu nehmen. Dagegen legte Toifl Beschwerde ein. Es widerspräche dem Recht auf ein faires Verfahren, wenn "ich bei 30.000 Dateien den Hinweis auf Verschwiegenheitsschutz anbringen muss". Noch heute betont er, nur seine Verschwiegenheitspflicht gegenüber den Mandaten erfüllen zu wollen. Das OLG entschied anders, es spricht von Verzögerungsmaßnahmen. Toifl selbst ist der Beweismittelfälschung beschuldigt; er bestreitet den Vorwurf.

Die WKStA hat sich im Sichtungsverfahren übrigens helfen lassen. Sie hat im Herbst 2013 einen Anwalt zum Sachverständigen bestellt und beauftragt zu eruieren, welche der bei Toifl beschlagnahmten Dateien dessen Meischberger-Mandat beträfen. Der Gutachter hat die Dateien per Suchworten à la "Walter" oder "Karin" durchforstet; ein Jahr später gab er Bericht und Gebührennote für 123,5 Stunden Arbeit ab.

Baldige Entscheidungsreife

Im Justizministerium rechnet man nun damit, dass die Causa Buwog und Terminal Tower (Einmietung der Finanz in den Büroturm in Linz) in rund zwei Monaten entscheidungsreif sein wird. Ermittelt wurde gegen 54 Personen: wegen Untreue, Geldwäscherei, falscher Beweisaussage, Beweismittelfälschung, Bestechlichkeit, Bestechung, Verletzung des Amtsgeheimnisses. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Neben Grasser sind etwa der Exchef der Raiffeisen Landesbank OÖ, Ludwig Scharinger, und die Lobbyisten Meischberger und Peter Hochegger unter den Beschuldigten; es soll um Anklagen gegen 17 Personen gehen. Die Letztentscheidung liegt beim Weisungsrat, denn Justizminister Wolfgang Brandstetter hatte als Verteidiger einst einige Protagonisten der Causa beraten. (Renate Graber, 19.11.2015)