Bild nicht mehr verfügbar.

Französische Einsatzkräfte an der Grenze zu Italien: Zeugen wollen in dem Gebiet ein verdächtiges Fahrzeug entdeckt haben.

Foto: REUTERS / Eric Gaillard

Nach den Terrorattentaten von Paris wurden bis Montagfrüh 168 Durchsuchungen in Häusern und Wohnungen durchgeführt. Laut Innenminister Bernard Cazeneuve seien 23 Menschen verhaftet, weitere 104 unter Hausarrest gestellt worden. Unter den sichergestellten Waffen soll sich auch ein Raketenwerfer befunden haben.

Im Fokus der Ermittlungen stand erneut auch Molenbeek – jener Stadtteil Brüssels, in dem mehrere Angreifer gewohnt haben sollen. Das Gebiet im Nordwesten der belgischen Hauptstadt gilt als Hochburg gewaltbereiter Islamisten. Bei einer ersten Razzia am Samstag waren sieben Personen festgenommen worden, sie sollen mit den Angreifern von Paris in Verbindung stehen.

Am Montag durchkämmten schwerbewaffnete Sondereinheiten das Viertel, auf den Dächern waren Scharfschützen postiert. Der Einsatz dürfte Saleh A. gegolten haben – jenem in Belgien geborenen Franzosen, der eines der Autos gemietet hatte, mit denen die Terroristen zu den Angriffsorten nach Paris gefahren waren.

Offenbar Ermittlungspanne

Sein Bruder, Ibrahim A., sprengte sich vor dem Comptoir Voltaire in Paris in die Luft. Saleh A. war nach den Anschlägen offenbar von der Polizei gestoppt worden, durfte dann aber wieder gehen. Zuletzt wurde nach ihm in Norditalien gefahndet: Zeugen wollen das gesuchte Auto nahe der Grenze zwischen Frankreich und Italien gesehen haben.

Sein anderer Bruder, Mohammed A., war bei der Razzia am Samstag festgenommen worden. Er wurde am Montag aber gemeinsam mit vier weiteren Verdächtigen wieder freigelassen. "Wir sind eine offene Familie, wir hatten niemals Probleme mit der Justiz", sagte Mohammed A. danach vor Journalisten. Seine Eltern stünden unter Schock, "sie können noch gar nicht verstehen, was da passiert ist". Gegen die beiden anderen Männer in Polizeigewahrsam wurde in Belgien wegen Terrorismusverdachts Anklage erhoben.

Nicht nur wegen der Ermittlungspanne im Fall Saleh A. geraten die französischen Sicherheitsdienste nun immer mehr unter Druck. So hieß es zuletzt aus Israel, dem Irak und der Türkei, Frankreich habe schon vor den Anschlägen Hinweise gehabt, sei diesen aber womöglich nur unzureichend nachgegangen. Israelische Experten kritisierten vor allem, man habe sich offenbar immer noch auf mögliche Einzeltäter konzentriert und zu wenig auf im größeren Stil geplante Attentate.

Zentraler Hintermann

Denn dass die Angriffe vom Freitag wohl zentral und vermutlich in Syrien geplant worden sind, davon wird allgemein ausgegangen. Mehrere belgische Medien berichteten am Montag, dass es auch bereits Vermutungen zu einem der zentralen Hintermänner gebe: Dabei soll es sich um einen ebenfalls in Belgien geborenen Mann namens Abdelhamid A. handeln, der sich derzeit offenbar in Syrien aufhält. In Abwesenheit wurde er in Belgien zu 20 Jahren Haft verurteilt – ihm wird vorgeworfen, ein Netzwerk zur Rekrutierung von Jihadisten betrieben zu haben. Auch in diversen IS-Propagandavideos soll er bereits aufgetaucht sein.

In einem neuen Video warnt der IS alle Länder, die an Militäreinsätzen gegen die Terrormiliz in Syrien teilnehmen, dass ihnen das gleiche Schicksal wie Frankreich drohe. Unter anderem wird Washington als konkretes Anschlagsziel genannt. (maa, mesc, 16.11.2015)