Überbevölkerung ist ein Problem, das in Wahrheit keines ist. Sondern aus politischen Gründen zu einem gemacht wird: So lautet die These des Dokumentarfilmers Werner Boote im Film "Population Boom", Mittwoch, 20.15 Uhr, ORF 1.

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Wien – Überbevölkerung ist ein Problem, das in Wahrheit keines ist. Sondern aus politischen Gründen zu einem gemacht wird. Das versucht der österreichische Dokumentarfilmer Werner Boote ("Plastic Planet") in seinem Film "Population Boom" zu zeigen, der am Mittwoch, 20.15 Uhr auf ORF 1 ausgestrahlt wird.

"Ich glaube, dass 'Population Boom' gerade jetzt durch die Flüchtlingssituation ein irrsinnig aktueller Film geworden ist", sagt der 50-jährige Wiener im Gespräch mit der APA. "Er zeigt, dass wir uns einfach dazu bekennen müssen, Teil dieser globalen Gemeinschaft zu sein. Und einfach vielleicht einmal verstehen müssen, wie wichtig und wie schön es sein kann, zu teilen."

Bedrückend

"Mich bedrückt das Leid der Menschen und mich bedrückt die Angst der anderen", meint Boote zur aktuellen Flüchtlingskrise – und rät zum Ansehen seiner 2013 in die Kinos gebrachten Doku, "denn eigentlich ist das der Film, der ihnen diese Angst wegnimmt – die Angst vor den Fremden."

Und auch die Angst davor, dass es auf der "Insel der Seligen" schon bald zu eng werden könnte: "Wenn ich mich aufrege, dass da Zehntausende oder Hunderttausende nach Österreich kommen, kann ich nur sagen: Wenn alle Menschen der Welt nach Österreich kommen, hat jeder noch immer elf Quadratmeter, einstöckig. Dann ist aber die ganze restliche Welt menschenleer. Wovon reden wir also? Wir müssen ein bisschen teilen, das finde ich gut, und uns stark machen gegen die ganzen anderen Dinge, von Umweltverschmutzung über Profitgier und Landraub bis zu sozialen Ungerechtigkeit."

Wahre Probleme

Das seien nämlich die wahren Probleme, lautet die Botschaft des Films, der durch die blauäugige Unmittelbarkeit, mit der sich Boote stellvertretend für die Zuschauer ans Stellen der richtigen Fragen macht, auch durchaus vergnügliche Elemente hat. Den Weg seiner Erkenntnis startet Boote bei der Präsentation des Weltbevölkerungsberichts der UNO in New York. Hernach reist er – stets mit Schirm und Charme – von China über Indien, von Tokio bis zu den Massai und in Bangladeschs Hauptstadt Daka, wo sich auf einem Quadratkilometer 46.000 Menschen drängen. Boote erzeugt dabei stets ein Wir-Gefühl, um keine Diskrepanz zwischen Schwellen- und Industrieländern aufkommen zu lassen. "Jeder Fünfte von uns ist Chinese", sagt er etwa.

China hat soeben seine langjährige drakonische Ein-Kind-Politik abgeschafft. Hat das Reich der Mitte seine Lehren aus "Population Boom" gezogen? Boote lacht: "Der Film ist tatsächlich in China gezeigt worden. Ich glaube aber nicht, dass das einen großen Einfluss hatte auf die neue Gesetzgebung."

Künstlich geschürt

Während er das Katastrophenszenario der Überbevölkerung als künstlich geschürt zu entlarven sucht, macht ihm die immer vollständigere Überwachung größere Sorgen. In der digitalen Datenwelt scheint sich niemand mehr verstecken zu können. "Alles unter Kontrolle" heißt Bootes nächstes Film, der am 25. Dezember Kinostart hat. Wieder hat er die erstaunlichsten Gesprächspartner aufgetrieben. Und soviel darf verraten werden: Diesmal gibt Boote am Ende keine Entwarnung. (APA, 16.11.2015)