Bild nicht mehr verfügbar.

Zwei Verhandlungstermine bleiben Bund und Ländern noch, um am Dienstag, wie geplant, eine Bildungsreform vorzulegen. Sonntagabend und Montag ging es zur Sache.

Foto: APA / Georg Hochmuth

Wien – Momentan sind sie die formal obersten Herrscher über die Pflichtschulen in Österreich: die Landeshauptmänner. Als Präsidenten der jeweiligen Landesschulräte unterstehen ihnen demnach alle Lehrerinnen und Lehrer in den Volks-, Haupt-, Neuen Mittel-, Sonder-, Polytechnischen und Berufsschulen. Damit thronen also Parteipolitiker auf den Chefsesseln im neunfach ausgestalteten Pflichtschulsystem.

Damit könnte ab Dienstag, wenn die Regierung ihre Bildungsreform vorlegen will, aber Schluss sein. Denn das Ziel der Bundesverhandler ist es, wenigstens die derzeitigen neun Schulverwaltungsvarianten zu vereinheitlichen, wenngleich ein komplettes Hinausdrängen der Länder realpolitisch unrealistisch ist.

Klassisches Kompromisspapier

Das lässt sich an einem Verhandlungspapier, mit dem die Bundesverhandler Sonntagabend in eine der letzten Verhandlungsrunden mit den Ländervertretern gegangen sind, und das dem STANDARD vorliegt, herauslesen.

Ausgearbeitet wurden zwar fünf Modelle, aber die Extrempole "Verländerung" bzw. "Verbundlichung" der Verwaltung aller 120.000 Lehrerinnen und Lehrer in Österreich – entweder durch die Länder oder den Bund – sind auszuschließen. Es wird auf ein "Mittelpapier" – klassische Kompromissvariante – hinauslaufen.

Vorschlagsrecht statt Vorsitz

Im Kern des Verhandlungspapiers steht eine "Bildungsdirektion", die als "Sonderbehörde" des Bundes in den Ländern errichtet werden und in "mittelbarer Landesverwaltung" künftig die Landeslehrer verpflichtend mitverwalten soll. Der Bildungsdirektor oder die Bildungsdirektorin würde – Stichwort Kompromiss – "auf Vorschlag" des jeweiligen Landeshauptmanns für fünf Jahre bestellt, wäre aber Bundesbedienstete/r, also gegenüber der Bildungsministerin weisungsgebunden.

Der Vorschlag trägt übrigens den Titel "Modell (ähnlich wie Modell Wien und NÖ)" – und hätte damit schon eine gewisse Attraktivität für jene fünf Bundesländer, die schon jetzt so ähnlich verfahren. Neben Wien und Niederösterreich haben auch Oberösterreich, Burgenland und Steiermark die Verwaltung der Landeslehrer via Landesschulrat dem Bund übertragen. Dieser (in Wien der Stadtschulrat) verwaltet als Bundesbehörde alle Lehrerinnen und Lehrer. In den vier anderen Ländern Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten werden die Landeslehrerinnen und -lehrer in der Landesregierung selbst verwaltet.

Schluss für politische Kollegien

Als "Vorteile" des Kompromissmodells wird die Einsparung von rund 480 Funktionsträgern genannt, das sind neben den amtsführenden Landesschulratspräsidenten und – dort, wo es solche gibt – deren Vizes und die nach der politischen Farbenlehre der Landtage besetzten "Kollegien", in denen Lehrer-, Eltern-, aber auch Kirchen- und Sozialpartnervertreter sitzen. In Summe könnten so in zehn Jahren rund 220 Millionen Euro eingespart werden, heißt es. Und es wäre ein Weg, den Einfluss der Parteipolitik zu reduzieren.

Ganz entpolitisiert wird es nicht werden

Ganz ohne Politik wird es auch in Zukunft nicht gehen, nur möchte man die Neunervariante beenden. Da ist die Auswahl der Direktorinnen und Direktoren ein heikler Streitpunkt. Jetzt gibt es in jedem Land unterschiedliche Auswahlverfahren, auch die Ernennung obliegt den parteibunten Kollegien. Das Kompromisspapier sieht vor, dass in Zukunft die Bestellung von Pflichtschuldirektoren durch eine "Kommission bestehend aus zwei DienstgebervertreterInnen (einmal Bund und einmal Land) und zwei DienstnehmervertreterInnen" erfolgen soll. Und weil es ja diverse Machtverluste auszugleichen gilt, soll bei Pflichtschuldirektoren "der Landesvertreter Überstimmungsrecht" haben, bei Direktoren einer Bundesschule hingegen der Bundesvertreter.

In die Landeskarten schauen

Hauptziel des Bundes ist jedenfalls, nicht mehr mit neun Landeslehrer- und Direktorenpraxen konfrontiert zu sein sowie mehr Einblick in die Verfahren und die Verwendung der Finanzen, die ja vom Bund kommen, zu erhalten.

Zentral gesteuert vom Ministerium via Bildungsdirektion würden laut Modell Qualitätsentwicklung und Bildungscontrolling. Gemeinsam mit der Landesregierung erarbeitet werden solle hingegen das regionale Standortentwicklungskonzept, wo schon derzeit sehr viel auf Gemeinde- bzw. Länderebene entschieden wird. (Lisa Nimmervoll, 16.11.2015)