VW bekommt den Abgasskandal noch nicht in Form sinkender Verkäufe zu spüren, zumindest nicht in Österreich. Das kann sich ändern, allzu große Einbußen wären aber eine Überraschung. Zwar wird der mündige Konsument, der mit Kaufentscheidungen auch ökologische, ethische oder andere gesellschaftspolitisch relevante Akzente setzt, gerne bemüht, doch in der Realität hat er wenig Bedeutung. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Verbraucher Produkte umstrittener Hersteller – wenn überhaupt – nur sehr kurzfristig meiden.

Mögen schlechte Entlohnung bei Amazon, Steuertricks von Apple, Kinderarbeit bei diversesten Konzernen oder eben manipulierte Abgaswerte von Volkswagen die Öffentlichkeit noch so erregen: Bei der Kaufentscheidung werden ethische Kriterien rasch hintangestellt. Dem Konsumenten sind Kosten-Nutzen-Relationen oder Statussymbole weit wichtiger, als was beim Auspuff hinausgeblasen wird, welche Hände ein T-Shirt gewebt haben oder aus welchem Holz ein Regal geschnitzt ist. Die oft besungene Macht der Kunden existiert nur in der Theorie. Im Vordergrund steht der Eigennutz, dann kommt lange nichts. Die letzten verbliebenen moralischen Bedenken treten beim Kauf wegen Reizüberflutung in den Hintergrund.

Ganz schön vertrottelt das Ganze: Denn die Verbraucher hätten es in der Hand, Arbeitsbedingungen, Umwelt und Gesellschaft deutlich zu verbessern. (Andreas Schnauder, 10.11.2015)