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EU-Digitalkommissar Oettinger denkt über das Ende der Linkfreiheit nach.

Foto: APA / EPA / PATRICK SEEGER

Als Erfolgsgeschichte kann das Leistungsschutzrecht nicht gerade bezeichnet werden: Die Idee, dass Suchmaschinen und Nachrichtenportale dafür zahlen sollen, dass sie die Inhalte von Medien anpreisen, darf bislang getrost als Reinfall bezeichnet werden. Das primäre Ziel all dieser nationalen Regeln – Google hat darauf reagiert, wie es zu erwarten war: mit dem Angebot, all die Seiten, die nicht verlinkt werden wollen, aus dem eigenen Index zu nehmen. Dies wollten die Verleger dann natürlich auch nicht, immerhin treiben Google und Co mittlerweile einen bedeutenden Teil der Leser zu Onlinemedien. Also stimmte man einer Verlinkung durch Google explizit zu.

Linkfreiheit

Das Scheitern bisheriger Regelungen scheint die EU-Kommission aber nicht davon abzuhalten, einen neuen Anlauf in diese Richtung zu nehmen – und dabei auch grundlegende Mechanismen des Internets infrage zu stellen. So wurde nun ein neuer Plan geleakt, der in einen Urheberrechtsschutz für das Verlinken von Inhalten münden könnte, wie Kritiker warnen.

Kritik

In einem Blogeintrag spricht die deutsche EU-Abgeordnete Julia Reda (Piraten) von einem "Frontalangriff auf den Hyperlink" und damit auf einen Kernbaustein des Internets. Würde eine solche Regelung tatsächlich umgesetzt, hätte dies massiv negative Auswirkungen auf das gesamte Internet, da das Setzen von Links zu einem juristischen Minenfeld würde. All dies, nur um Verlagen ein einträgliches Zubrot zu sichern.

Vorgeschichte

Bereits in den letzten Monaten war immer wieder von einer Art Leistungsschutzrecht auf europäischer Ebene zu hören. EU-Digitalkommissar Günther Oettinger hatte sich immer wieder für eine solche Regelung stark gemacht, zuletzt scheint aber auch EU-Vizepräsident Andrus Ansip, der bislang als Gegner solcher Gesetze galt, seinen Widerstand aufgegeben zu haben.

EuGH-Urteil

Und doch kommt der Vorstoß zumindest teilweise überraschend. Hatte der Europäische Gerichtshof doch Anfang 2014 festgehalten, dass das Verlinken von öffentlich zugänglichen Inhalten keinen Urheberrechtsverstoß darstellt. Das konkrete Urteil habe allerdings einige Details offengelassen, genau diese "Unklarheiten" will die Kommission nun klären, wie es in dem Papier heißt. Überhaupt scheint die Kommission mit den bisherigen Ansätzen für das Leistungsschutzrecht nur ein Problem zu haben: dass es sich dabei um Regelungen auf nationalstaatlicher Ebene handle. Dies würde der Idee des digitalen Binnenmarkts zuwiderlaufen.

Widerstand

Reda ruft in ihrem Text zum umgehenden Widerstand gegen die Pläne der Kommission auf, immerhin handle es sich bislang nur um einen Plan und noch keinen fertigen Gesetzesentwurf, es gebe also die Chance, diesen Vorstoß "im Keim zu ersticken". Im Rahmen einer Befragung im Industrieausschuss (im Video ab 3:30:45) wollte Digitalkommissar Oettinger die Pläne zu Durchsetzung eines Urheberrechts auf Hyperlinks nicht dementieren. Die entsprechenden Vorhaben der Kommission würden am 9. Dezember der Öffentlichkeit bekanntgegeben.

Der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon berichtet über die aktuellen Pläne von Günther Oettinger.

Österreich

In Österreich war in den letzten Monaten ebenfalls über ein Leistungsschutzrecht diskutiert worden. Dieses hätte eigentlich Teil der aktuellen Urheberrechtsreform werden sollen, wurde aber nach Kritik wieder aus dem Gesetzesentwurf gestrichen. Man wolle zuerst auf Feedback aus Brüssel warten, hieß es damals – und dies dauere einige Monate. Der jetzige, europaweite Vorstoß könnte die österreichischen Pläne nun Makulatur werden lassen. (apo, 10.11.2015)