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Wolfgang Niersbach war seit März 2012 DFB-Präsident.

Foto: apa/epa/dedert

Frankfurt – DFB-Präsident Wolfgang Niersbach ist zurückgetreten. Der 64-Jährige zieht damit die Konsequenzen aus seiner Verwicklung in die Affäre um die WM 2006. Das gab der Deutsche Fußball-Bund nach dem Krisengipfel am Montag in Frankfurt/Main bekannt. Noch vor wenigen Wochen hatte der 64-Jährige als möglicher Kandidat für den Aufstieg zum neuen Uefa- oder Fifa-Präsidenten gegolten.

"Ich habe erkannt, dass der Punkt gekommen ist, die Verantwortung zu übernehmen für ein politisches Ereignis um die WM 2006. Das Amt des Präsidenten darf nicht beschädigt werden", sagte Niersbach nun. Bis auf weiteres übernehmen die beiden Vizepräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch die Amtsgeschäfte beim größten Sportverband der Welt.

Niersbach kam aus dem Sportjournalismus, ehe er 1987 beim DFB als Pressechef für die Europameisterschaft 1988 anheuerte. In der Folge amtierte er als geschäftsführender Vizepräsident und Mediendirektor im Organisationskomitee zur Fußball-WM 2006 in Deutschland.

Verdacht der Steuerhinterziehung

Als Generalsekretär (ab 2007) unterfertigte Niersbach jene Steuererklärung, für die sich nun die Untersuchungsbehörden interessieren. Diese werfen dem DFB vor, durch "die Einreichung inhaltlich unrichtiger Steuererklärungen veranlasst und hierdurch Körperschafts- und Gewerbesteuern sowie Solidaritätszuschlag für das Jahr 2006 in erheblicher Höhe verkürzt zu haben".

In der vergangenen Woche durchsuchte die Steuerfahndung sowohl die DFB-Zentrale in Frankfurt als auch Niersbachs Privatwohnsitz. Im März 2012 wurde Niersbach als Nachfolger von Theo Zwanziger zum DFB-Präsidenten gewählt. Seit 2013 ist er auch Mitglied im Exekutivkomitee der Uefa, zwei Jahre später rückte der Deutsche zudem in die Exekutive des Internationalen Fußballverbands (Fifa) auf.

Die beiden letzteren Positionen wird er behalten. Das DFB-Präsidium habe den scheidenden Chef in einem einstimmigen Beschluss darum gebeten, "um sein überragendes Netzwerk dem deutschen Fußball zukünftig zur Verfügung zu stellen", sagte Rauball. Zum Rücktritt Niersbachs erklärte er, dass es sich dabei nicht um eine "Entscheidung im Sinne eines Schuldbekenntnisses" handle. Die Aufklärung gehe weiter, so Rauball, "ohne Ansehen von Personen und Verdiensten".

Druck zu stark

Bei der Zusammenkunft der Verbandsspitze war Niersbach unter starkem Druck gestanden, endlich Antworten auf die zahlreichen ungeklärten Fragen zu präsentieren. Zahlreiche Vorstandsmitglieder und Politiker hatten danach verlangt.

Niersbach hatte lange auf die Unterstützung mächtiger Vertreter aus dem Profifußball zählen können, die ihm zuletzt den Rücken stärkten. Doch offenbar konnte Niersbach erneut nicht in zufriedenstellender Form Aufklärung leisten. Offen sind etwa noch die folgenden Punkte:

– Seit wann weiß Niersbach von der dubiosen Zahlung der 6,7 Millionen Euro, die angeblich an die Fifa gegangen sein soll, deren Verwendungszweck aber weiterhin völlig offen ist? Der DFB-Boss beharrte bisher darauf, erst seit dem zurückliegenden Sommer davon zu wissen. Ein vom "Spiegel" veröffentlichtes Dokument deutet jedoch darauf hin, dass Niersbach bereits seit November 2004 Kenntnis hatte.

– War die WM 2006 vielleicht doch gekauft? Sollte das Geld – wie von vielen Seiten angedeutet – zum Stimmenkauf nach Asien geflossen sein, wäre der Ruf des DFB schwer beschädigt.

– Mögliche Ermittlungen gegen Niersbach durch die Fifa-Ethikkommission, Einrichtung einer solchen beim DFB. (sid, red, 9.11.2015)