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Schön anzusehen ist sie, die Würfelqualle Chironex fleckeri. Doch Vorsicht, sie zählt zu den giftigsten Tieren weltweit.

Foto: Mary Evans / picturedesk

Man möchte ihnen eigentlich auch nicht im Hellen begegnen. Manche liegen eingebuddelt im Sand oder kriechen auf Korallenriffen herum, andere schweben scheinbar mühelos im freien Wasser. Es gibt dutzende Tierspezies, die Urlaubern die Badefreuden vermiesen können. Die meisten sind eher harmlos. In europäischen Gewässern vorkommende Feuerquallen der Art Pelagia noctiluca jedoch verursachen mit ihrem Nesselgift oft verbrennungsähnliche Hautverletzungen. Überaus unangenehm.

Im Vergleich zu einigen tropischen Glibbertieren ist Pelagia ein geradezu freundliches Geschöpf. Würfelquallen, auch Cubozoa genannt, töten mitunter sogar. Im vergangenen Sommer fielen ihnen auf thailändischen Inseln zwei Touristinnen zum Opfer. Die Killer ließen sich allerdings nicht genau identifizieren, denn die Klasse der Cubozoa umfasst mehrere höchstgefährliche Spezies, deren präzise Erkennung eine Sache für Spezialisten ist. In den vergangenen zehn Jahren wurden zudem mehrere neue, bis dahin unbekannte Arten entdeckt.

Gefährliche Seewespe

Die wohl berüchtigtste Würfelqualle ist Chironex fleckeri, die Seewespe. Sie bewohnt die Küstengewässer Australiens nördlich des 23. südlichen Breitengrades und tummelt sich gerne in Strandnähe. Die Seewespensaison beginnt etwa in November, erklärt der Biologe Jamie Seymour von der James Cook University in Cairns, Queensland, gegenüber dem Standard. Die Medusen machen bis Mai das Wasser unsicher und verschwinden dann wieder für Monate.

"Chironex fleckeri produziert eines der stärksten Giftgemische im gesamten Tierreich", betont Seymour. Getroffene Schwimmer können nach zwei bis fünf Minuten daran sterben. Ob die Wirkung tödlich ist, hängt von der Dosierung ab. Die Toxine stecken in spezialisierten Nesselzellen, den Nematocysten. Diese bestehen aus einer Giftblase und einer harpunenähnlichen Struktur, die bei Berührung in die Haut des Opfers geschleudert wird. Die Nematocysten sitzen bei Seewespen auf überproportional langen Fangarmen. "Es braucht zwei bis drei Meter Tentakelkontakt, um einen Menschen zu töten", sagt Jamie Seymour. Eine größere Menge also.

Altersgiftigkeit

Die Betroffenen sterben an Herzversagen. Wie dieser Effekt zustande kommt, ist noch nicht abschließend geklärt. Anscheinend verändern die Giftstoffe die Durchlässigkeit von Zellmembranen, meint Seymour. Dadurch dürfte es zu einem massiven Einstrom von Kalziumionen kommen, der die Herzmuskelzellen zur Dauerkontraktion veranlasst. Der resultierende Krampf führt dann zum Herzstillstand.

"Im Gift von Chironex fleckeri gibt es an die 200 verschiedene Komponenten", erklärt der Wissenschafter. Allesamt Proteine. Davon dürften allerdings nur fünf bis sechs wirklich gefährlich sein. Die Giftigkeit der Seewespen nimmt übrigens mit zunehmendem Alter zu.

Der Hintergrund: Junge Medusen ernähren sich überwiegend von Kleinkrebsen und ähnlichem Getier. Doch je größer die Würfelquallen werden, desto mehr machen sie Jagd auf Fische. Ihr Giftarsenal muss sich daran anpassen. Die gute Nachricht: Schon seit den Siebzigern gibt es ein wirksames Antiserum gegen Chironex-Toxine. Es enthält Antikörper gegen die giftigen Proteine und wird in Schafen produziert.

Schutzanzug am Strand

Rechtzeitig verabreicht, vermag das Medikament die meisten Patienten zu retten. Für eine optimale Wirkung sollte die Dosierung allerdings fünf Mal höher sein als bislang empfohlen wurde, wie Jamie Seymour und einige Kollegen im Rahmen von Laborversuchen mit Zellkulturen feststellten (vgl.: Journal of Venomnous Animals and Toxins, Bd. 20, S. 34). Man hatte allerdings noch nicht die Gelegenheit, dies in der klinischen Praxis zu testen, berichtet Seymour. "Der letzten Todesfall in Australien war vor sechs Jahren."

Die von anderen, in südostasiatischen Küstengewässern auftretenden Würfelquallen-Arten ausgehenden Risiken sind wesentlich höher, meint der Experte. Dort sind in erster Linie wenig erforschte Vertreter der Gattungen Chiropsalmus und Chiropsoides zu fürchten. Sie dürften jährlich an die 50 Opfer fordern, vor allem in Regionen mit dürftiger Notfallversorgung.

Kinder gelten aufgrund ihrer geringeren Körpermasse als besonders gefährdet, die letale Dosis ist bei ihnen schneller erreicht. Wo immer hochgiftige Würfelquallen auftreten können, sollten Badende Schutzanzüge, sogenannte Stinger-Suits, tragen, rät Jamie Seymour. Auch an den beliebten Touristenstränden. (Kurt de Swaaf, 7.11.2015)