Wieder einmal ein Culture-Clash im guten alten Europa. Nach dem Sonntagsspiel des FC Utrecht hat der Ex-Austrianer Nacer Barazite der Sportreporterin Helene Hendriks den Handschlag verweigert, weil ihm sein muslimischer Glaube das verbiete. Ein Glück für ihn, dass der Islam wenigstens nichts gegen die Berührung von Fußbällen hat!

Der coolen Hendriks war der Nichthandschlag wurscht ("Nacer ist ein netter Kerl"), nicht aber Johan Derksen, dem Chefredakteur von Voetbal International, der Barazite empfahl, er möge sich doch gleich vom IS rekrutieren lassen. Das wiederum empfanden etliche Teilnehmer der "sozialen Netzwerke" als einen Belehrungsexzess in Sachen westlicher Werte, kurzum, erneut ein perfekter Pallawatsch auf dem verminten Gelände des Multikulturalismus.

Teil des Problems ist es, dass der verweigerte Handschlag in unseren Breitengraden selten als Ausdruck besonderer Frömmigkeit gilt, sondern mehr als Äquivalent der Aufforderung, man möge doch seinen Darm entleeren gehen. Auch der Misogynie-Verdacht steht im Raum, womöglich aber nicht ganz zu Recht.

Schließlich müsste man auch kein Frauenfeind sein, um Susanne Winter den Handschlag zu verweigern. Selbst die Scharia meint es im Prinzip gut. Sie untersagt den Handschlag nicht deswegen, weil die Frau schmutzte, sondern um Schutz vor dem latenten Aufgeilungspotenzial geschlechtsübergreifender Handschläge zu bieten.

Wehret den Anfängen! Denn als Mann ist man ja fast täglich damit konfrontiert, dass man einer Frau arglos die Hand gibt und fünf Minuten später mit ihr auf Teufel komm raus in der Kiste kopuliert. Schlimmstenfalls werden sogar später Alimentenzahlungen fällig. So gesehen muss man für religiös verordnete hormondämpfende Maßnahmen mehr als dankbar sein.

Das Einzige, was uns aus dieser Gemengelage der Sensibilitäten herausführen könnte, wäre ein Werteunterricht, der den Zuagrasten glasklar vermittelt, was uns Österreichern, außer dem Handschlag, noch heilig ist. Hier ein kleiner Auszug aus der nationalen Werteliste: a zünftige Brettljausn, a Schilcher-Sturm, Andreas Gabalier, ein nicht amtsführender Wiener Vizebürgermeister sowie das Recht auf Gedächtnisverlust vor parlamentarischen U-Ausschüssen. Wenn das fehlen würde, wäre es nicht mehr Österreich. (Christoph Winder, Album, 6.11.2015)