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Antidepressiva wirken minimal besser als eine Psychotherapie gegen Depression – das zeigt zumindest eine Metastudie.

Foto: REUTERS/Darren Staples

Viele an Depression erkrankte Menschen fragen sich, ob Antidepressiva oder Psychotherapie die richtige Behandlung für sie sind – oder eine Kombination von beidem. Um herauszufinden, ob eines der beiden Behandlungsverfahren größere Vorteile bietet, wertete eine internationale Forschergruppe nun 35 Studien zu diesem Thema aus den Jahren 1966 bis 2014 aus.

Insgesamt wurden die Daten von 3.721 Patienten analysiert. Fazit dieser Metastudie: Antidepressiva zeigen einen kleinen, aber statistisch signifikanten Vorteil gegenüber der Psychotherapie.

Methodische Probleme berücksichtigt

Die Meta-Studie berücksichtigt erstmals methodische Probleme, die zu einer Unterschätzung der Wirksamkeit von Antidepressiva und einer Überschätzung der Wirksamkeit der Psychotherapie führen. So wird die Wirksamkeit von Antidepressiva meist im Vergleich mit einem Placebo (Scheinmedikament) untersucht. Die Studienteilnehmer werden zufällig einer der beiden Behandlungen zugewiesen und wissen dann nicht, ob sie ein Antidepressivum oder nur ein Placebo erhalten.

Bei Studien zur Wirksamkeit einer Psychotherapie wissen die Patienten dagegen genau, ob sie eine als wirksam angesehene Behandlung erhalten oder nur in der Kontrollgruppe, wo etwa Entspannungsübungen auf dem Programm stehen, aber keine Therapie. Dies führt dazu, dass die Patienten in der Psychotherapiebedingung guten Grund zur Hoffnung haben, die anderen dagegen eher mit Frustration und Hoffnungslosigkeit reagieren – weswegen die Psychotherapie besonders gut abschneidet.

Viele Faktoren ausschlaggebend

Die Meta-Studie hat nun Studien betrachtet, in denen die Patienten zufällig entweder einer Behandlung mit Psychotherapie oder mit Antidepressiva zugeordnet wurden. In diesen Studien konnten sich auch die Patienten mit Antidepressiva darauf verlassen, jeweils eine als wirksam angesehene Behandlung zu erhalten, da Studien mit Placebo-Kontrollen nicht berücksichtigt wurden. Beide Behandlungswege wurden damit unter den gleichen Rahmenbedingungen untersucht. Im Ergebnis waren Antidepressiva wirksamer als die Psychotherapie.

"Die Ergebnisse der Studie stellen nicht die Wirksamkeit der Psychotherapie in Frage, sollten jedoch bei der Entscheidung für eine Behandlungsform berücksichtigt werden", sagt Ulrich Hegerl, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und an der Studie beteiligt. Bei der Auswahl der richtigen Behandlung müsse zudem die Schwere der Depression, persönliche Präferenzen für die eine oder andere Behandlung, Verfügbarkeit von Therapieplätzen, Nebenwirkungen beider Therapieformen und die individuelle psychosoziale Situation berücksichtigt werden. Bei einigen Erkrankten ist auch eine Kombination von Pharmako- und Psychotherapie die optimale Behandlung. (red, 6.11.2015)