Wien – Im Hypo-U-Ausschuss ist es am Donnerstag erneut um die Notenbank-Analyse gegangen, in der die Bank ein Jahr vor ihrer Notverstaatlichung als "not distressed" eingestuft wurde. Ausgesagt hat Karin Turner-Hrdlicka, die damals, im Herbst 2008, die Abteilung Bankenanalyse "mit aufgebaut hat" und heute Chefin der Hauptabteilung Europäische Großbankenaufsicht ist. Ihr damaliger Vorgesetzter, Johannes Turner, leitet die OeNB-Statistik; die beiden haben jüngst geheiratet. Turner sagte am Mittwoch aus.

Ende 2009 war die Notenbankerin auch bei Besprechungen im Finanzministerium dabei. Laut ihrem Protokoll war Finanzminister Josef Pröll noch zwei Tage vor der Verstaatlichung gegen selbige: "Die Komplettübernahme der Hypo ist für den Bund derzeit keine Option", heißt es im Protokoll. OeNB-Chef Ewald Nowotny habe damals eine Lastenteilung Österreich-Bayern im Verhältnis 40 zu 60 in den Raum gestellt.

Aufsichtswelt nach Lehman

Im Übrigen erlaubte die Befragung Einblicke in die Aufsichtswelt nach der Lehman-Pleite 2008. Das Bankenhilfspaket war gerade geschnürt, die Hypo "der erste praktische Anwendungsfall fürs Partizipationskapital", schilderte Turner-Hrdlicka. Genau vier Tage war Zeit für die Erarbeitung der Stellungnahme für das Finanzministerium. Die Wortfindungsfrage (Wer kam auf "not distressed", obwohl es nur "sound" oder "distressed" gab?) beschäftigte den Ausschuss erneut stundenlang. Die Notenbankerin blieb bei der Darstellung, dass "diese beiden Begrifflichkeiten" nicht passten; wie ihre Kollegen verglich sie es mit "schwarz oder weiß". Und: "Das not distressed war keine Umgehungshandlung, sondern eine verbale Beurteilung."

Werner Kogler von den Grünen thematisierte dann die Sitzung im Finanzministerium vom 19. Dezember 2008, in der aus der "nicht notleidenden" Hypo eine "gesunde" geworden sei. Erst auf Nachfragen räumte die Aufseherin ("Ich hatte damals Grippe") ein, dass das "eine Entscheidung des Finanzministeriums war". Neos-Mandatar Christoph Vavrik brachte das "Wunder vom 19. Dezember" (Kogler) so auf den Punkt: "Frau Doktor, Sie und Ihr Team sind leider missbraucht worden."

Danach war Philip Reading dran, Chef der OeNB-Hauptabteilung Finanzmarktstabilität und Bankenprüfung. Auch er erinnerte sich nicht, wer im Ministerium vorgeschlagen hatte, die Hypo als "sound" zu behandeln. (gra, 6.11.2015)