Es ist schwer vorstellbar, dass Großbritannien Hunderte seiner Bürger und Bürgerinnen leichtfertig im ägyptischen Sharm al-Sheikh sitzen lässt: Wenn London britischen Flugzeugen untersagt, dort zu landen und zu starten, darf man annehmen, dass es für den Verdacht, dass eine Bombe und nicht ein technischer Defekt die russische Passagiermaschine über dem Sinai zum Absturz gebracht hat, gute Gründe gibt. Dennoch, da haben Kairo und Moskau recht, bleibt es einstweilen eine Spekulation.

Aber es gibt Fakten, und zu ihnen gehört, dass es Ägypten trotz aller offiziellen Beteuerungen nicht gelingt, die Sicherheitslage auf dem Sinai völlig in den Griff zu bekommen: Am Mittwoch waren im Norden wieder einmal Polizeioffiziere Ziel eines Selbstmordanschlags. Auch hier bekannte sich der lokale Zweig des "Islamischen Staats" namens "Provinz Sinai".

Ort und Ziel des Anschlags waren typisch, mit dem Flugzeug in Sharm al-Sheikh ist das anders. Aber allein dass der Sinai-IS den Absturz für sich beansprucht, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Jihadisten ihren lokalen Krieg um eine internationale terroristische Komponente erweitern wollen. Das wäre eine katastrophale Nachricht für Ägypten. Der Tourismus am Roten Meer ist durch alle Turbulenzen hindurch eine gewisse Konstante geblieben. Und dass der Sinai-IS angesichts des russischen militärischen Engagements in Syrien nur russische Touristen ins Visier nimmt, darauf würde sich wohl niemand verlassen. (Gudrun Harrer, 5.11.2015)