Dornbirn – Zeltlager von Armutsmigrantinnen und-migranten werden in Vorarlberg nicht geduldet. "Illegales Campieren mit Kindern und Jugendlichen im Freien, unter furchtbaren hygienischen und sanitären Bedingungen können wir nicht tolerieren", stellt Landeshauptmann Markus Wallner (VP) klar. Und gibt damit der Dornbirner Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (VP) Rückendeckung, die alle Zeltlager von Rumänen an der Dornbirner Ach räumen will.

In den Zelten unter einer Eisenbahnbrücke leben laut Erhebung der Stadtpolizei, die Sonntagnacht durchgeführt wurde, 120 Menschen, darunter fünf Kleinkinder. Laut Kaufmann handelt es sich um "zwei Roma-Clans, die sehr hierarchisch strukturiert sind". Sie fürchtet um die "soziale Stimmung" in ihrer Stadt: "Die droht zu kippen."

Volkspartei sorgt sich um Kinder

Kaufmann und Wallner sehen das Kindeswohl durch das Übernachten bei winterlichen Temperaturen gefährdet. Gemeinsam mit den Bürgermeistern der vier anderen Vorarlberger Städte empfehlen sie den Roma-Familien die Rückkehr nach Rumänien.

Wallner will zudem noch ein erweitertes Bettelverbot. Mütter, die ihre Babys und Kinder beim Betteln mithaben, sollen künftig bestraft werden. Vom grünen Regierungspartner kommt Kritik. Klubobmann Adi Gross: "Weder unkoordiniertes Herumschupsen der Roma zwischen den Städten noch Bettelverbote sind brauchbare Lösungen. Das führt zur Eskalation, die keiner will."

Wenn man jetzt ein Lager nach dem anderen räume, stelle sich weiterhin die Frage, was dann mit den Menschen geschehen solle, sagt Gross: "Einige werden zurückfahren, einige werden bleiben, spätestens im Frühjahr werden sie oder andere aber wiederkommen. Wichtig ist, einen regulären Umgang zu finden."

Keine Zeltlager in den Städten

Die Bürgermeister von Bludenz, Bregenz, Feldkirch und Hohenems haben ihre Lösung gefunden: "Keine weiteren Zeltlager in unseren Gemeindegrenzen." Man habe schlechte Erfahrungen gemacht, schreiben sie in einer gemeinsamen Aussendung: "Roma-Familien halten sich in vielen Fällen weder an Gesetze noch an die Regeln des Zusammenlebens unserer Gesellschaft."

Die Bürgermeister berufen sich auf Anrainerbeschwerden, die vor allem "Vermüllung" betreffen: "Müll wird weder entsorgt noch getrennt. Diese Situation ist nicht nur für die Bewohnerinnen und Bewohner der Zeltlager, sondern auch für Anrainer und andere Nutzer dieser Bereiche, die teilweise auch Naherholungsgebiete sind, unzumutbar und entspricht nicht einmal den grundlegenden hygienischen Ansprüchen."

Bürgermeister malen schwarz

Glaubt man den Bürgermeistern, sind Vorarlberger Städte von Armutsmigranten okkupiert: "Der öffentliche Raum an Verkehrsknoten wird von den Roma-Gruppen derart in Anspruch genommen, dass für andere Nutzer dieser Bereiche weder Platz noch Raum für einen Aufenthalt besteht." Das teilweise massive Auftreten der Gruppen sowie aggressives Zugehen auf die Menschen mache eine Nutzung dieser Räume für die Bevölkerung schwer bis unmöglich. Man sehe zwar das soziale Problem, wisse aber, dass es nicht in Vorarlberg, sondern in Rumänien gelöst werden müsse.

In der Debatte um die Armutsmigrantinnen und -migranten ist die Volkspartei den Freiheitlichen wesentlich näher als den grünen Regierungspartnern. Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) sucht nach langfristigen, "vor allem entemotionaliserten, pragmatischen Lösungen" für die Armutsmigranten.

Grüne orten Rassismus

Wiesflecker bietet Frauen und Kindern kurzfristig Unterkunft in Notquartieren, auch Rückkehrhilfen für die gesamte Familie. "Sie werden wiederkommen", verweist die Landesrätin auf die schlechten Lebensbedingungen in Rumänien, auf Diskriminierung und Ausgrenzung.

Wiesflecker schlägt vor, zwei Plätze mit winterfester Infrastruktur zum legalen Campieren zur Verfügung stellen. Unterstützung kommt von Klubobmann Adi Gross: Auf legalen Zeltplätzen könne man mit einfachsten Strukturen wie Toiletten, Sanitärcontainern und Müllentsorgungsmöglichkeiten alles in geordnete Bahnen leiten.

"Zweifelsohne muss die Nutzung solcher Plätze an klare Bedingungen geknüpft sein, die auch einzuhalten sind. Es wird auch professionelle Sozialarbeit brauchen, die vermittelt und wenn notwendig auch eingreift", sagte Gross. Die Grünen orten "eine sehr aufgeladene Stimmung, rassistische Pauschalierungen gegenüber den Roma, die wir als gefährlich einstufen", sagte Gross.

FPÖ will Taten sehen

Kritik an der Regierung kommt von den Freiheitlichen – sie lasse die Gemeinden im Stich. FPÖ-Chef Dieter Egger wirft Wallner vor, die "härtere Gangart in der Roma-Problematik medial vorzugaukeln" und fordert Taten. Egger fordert eine "wirksame Strategie" und wirft Sozialinstitutionen, die Bettelnden bei Einsprüchen gegen Strafbescheide geholfen haben, vor, "die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit zu unterlaufen". (Jutta Berger, 6.11.2015)