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Die slowenische Polizei begleitet Flüchtlinge am Grenzübergang Sentilj nach Spielfeld.

Foto: APA/EPA/GYORGY VARGA

Brüssel/Berlin/Wien – Die EU-Kommission schätzt die Zahl der von 2015 bis 2017 in Europa ankommenden Flüchtlinge auf drei Millionen ein. Das erklärte die Brüsseler Behörde am Donnerstag in ihrem Wirtschaftsausblick für die Jahre 2015 bis 2017. Die Kommission rechnet demnach mit der Ankunft von einer Million Flüchtlingen im laufenden Jahr, 1,5 Millionen im Jahr 2016 und einer halben Million im Jahr 2017.

Die UNO geht unterdessen davon aus, dass allein in den kommenden vier Monaten 600.000 weitere Flüchtlinge über die Türkei nach Europa kommen werden. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR rechne von November 2015 bis Februar 2016 mit der Ankunft von durchschnittlich 5.000 Flüchtlingen pro Tag, hieß es einem in Genf veröffentlichten Bericht zum Finanzbedarf für diesen Winter. Damit müssten sich die Länder Kroatien, Griechenland, Serbien, Slowenien und Mazedonien in diesem Zeitraum auf die Ankunft von 600.000 neuen Flüchtlingen einstellen.

Deutsche Prognosen vermutlich schon übertroffen

Den größten Teil der bis Oktober in die EU gelangten Flüchtlinge verzeichnete in Deutschland mit rund rund 758.000. Allein im Oktober wurde mit 181.000 Anträgen ein Höchststand erreicht, wie das deutsche Innenministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte. Dabei handelt es sich um Flüchtlinge, die von den Bundesländern registriert und im Datensystem Easy gespeichert wurden.

Die vom Bund prognostizierte Zahl von 800.000 Flüchtlingen für 2015 ist damit bereits zwei Monate vor Jahresende annähernd erreicht. Vermutlich wurde sie schon übertroffen, weil der tatsächliche Wert der eingereisten Personen meist höher als die Easy-Zahlen ist.

Die Zahl der beim deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingereichten Asylanträge lag im Oktober bei 54.877. In den ersten zehn Monaten stellten 362.153 Personen einen Asylantrag. Hauptherkunftsland war Syrien, gefolgt von den als sicher geltenden Balkanstaaten Albanien, Kosovo und Serbien. Auf den weiteren Plätzen folgen der Irak und Afghanistan.

Anstieg in Österreich

In Österreich wurden am Donnerstag die Asylantragszahlen für September veröffentlicht. Demnach verzeichnete das Innenministerium in den ersten neun Monaten des heurigen Jahres 56.356 Anträge. Gemessen an den 17.010 Anträgen im Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet das einen Anstieg von 231 Prozent.

Der September markiert mit vorläufig 10.216 Anträgen den höchsten Monatswert. In den September fällt der sprunghafte Anstieg vor allem über Ungarn einreisender Flüchtlinge, nachdem die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Ende August angekündigt hatte, man werde die Dublin-Verfahren für Syrer aussetzen. Für Oktober rechnet das Innenministerium in Österreich mit einer ähnlich hohen Zahl an Asylanträgen wie im September.

Im Durchschnitt waren 76 Prozent der Antragsteller heuer Männer, wobei dieser Anteil in den letzten Monaten gesunken ist. Im Mai lag der Männeranteil noch bei 83 Prozent, ist seitdem aber jeden Monat leicht gesunken und betrug im September 68 Prozent.

16.595 der 56.356 Antragsteller waren Syrer. Das entspricht einem Anteil von 29,5 Prozent. Die zweitstärkste Gruppe waren Afghanen (12.687 Personen, 22,5 Prozent) gefolgt von Irakern (9.025, 16 Prozent) und Pakistanis (2.825, fünf Prozent). Elf Prozent der Antragsteller (6.175) waren unbegleitete Minderjährige, 380 davon unter 14 und 5.795 zwischen 14 und 18 Jahren.

Vorerst Kosten, später Gewinn

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici erklärte, der Flüchtlingsandrang werde eine "schwache, aber positive" Wirkung auf das Wirtschaftswachstum in der EU haben. Auch eine Studie des deutschen DIW-Instituts, die am Donnerstag veröffentlicht wurde, geht von positiven Effekten des Flüchtlingsandrangs auf die deutsche Wirtschaft aus. Im besten Fall sei der Gewinn der Zuwanderung in vier Jahren, im schlechtesten Fall in zehn Jahren höher als die Kosten. Vorerst stockte Deutschland aber die Mittel für die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen auf. Der Bund stellt den Ländern und Kommunen für 2015 zwei Milliarden Euro zur Verfügung, doppelt so viel wie zuvor geplant. Weitere fünf Milliarden Euro fließen in eine Rücklage für 2016. (APA/AFP, 5.11.2015)