Frankfurt – Bei der Lufthansa wird erneut gestreikt: Nach den Piloten legen diesmal die Flugbegleiter die Arbeit nieder, weil Tarifverhandlungen um die Altersvorsorge endgültig gescheitert sind. Wegen der kurzfristigen Ankündigung des Streiks erwarten die Lufthansa und der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport am Freitag eine hohe Zahl gestrandeter Passagiere. Die Airline hat nach eigenen Angaben bereits 2.500 Hotelzimmer in der Stadt reserviert.

Diese können aber nur von Fluggästen genutzt werden, die in den Schengen-Raum einreisen dürfen. Transit-Passagiere ohne Visum dürfen hingegen das Flughafenterminal nicht verlassen. Fraport wird daher unter anderem hunderte Feldbetten aufstellen und zusätzliches Betreuungspersonal einsetzen.

Zehntausende Betroffene

Außer in Frankfurt beginnen die Flugbegleiter ihren Streik am Freitagnachmittag ab 14 Uhr bis zum Arbeitsschluss auch am Flughafen Düsseldorf, teilte die Gewerkschaft Ufo in Frankfurt mit. Später wurde mitgeteilt, dass die Arbeit in Frankfurt auf den Kurz- und Mittelstreckenflügen der A320- und 737-Flotte auch am Samstag zwischen 6 Uhr und 23 Uhr niedergelegt wird. Die Lufthansa-Töchter Germanwings, Eurowings, Swiss und Austrian Airlines (AUA) sind von dem Ausstand nicht betroffen.

Die AUA-Mutter Lufthansa hat am Freitag 290 Flüge gestrichen, darunter 23 Interkontinentalverbindungen. Von den Absagen in Frankfurt und Düsseldorf seien 37.500 Passagiere betroffen, teilte die Airline mit. Gerechnet auf die gesamte Lufthansa-Gruppe entspreche das knapp 10 Prozent der für diesen Tag geplanten Flüge. Die Muttergesellschaft Lufthansa selbst fliegt allerdings nur rund 1.800 Verbindungen täglich.

Österreich ist kaum betroffen. Am Freitag fallen insgesamt vier Lufthansa-Flüge von Graz beziehungsweise Wien nach Frankfurt aus. Morgen wird aus derzeitiger Sicht ein Flug von Wien nach Frankfurt gestrichen, geht aus Informationen auf der Lufthansa-Homepage hervor. Fraport und Lufthansa riefen ihre Kunden auf, sich online über ihre Flüge zu informieren. Umbuchungen beispielsweise auf die Bahn sind auch per Internet möglich, sodass man dafür nicht zum Flughafen zu kommen brauche.

Kaum Zeit zur Vorbereitung

Lufthansa kritisierte Ufo erneut für die Streiktaktik mit kurzfristigen Ankündigungen zu Zeit und Ort. Dies mache es für die Fluggesellschaft besonders schwierig, ihre Kunden frühzeitig zu informieren und ihnen alternative Reisemöglichkeiten anzubieten.

Die Piloten, die die Lufthansa seit Frühjahr 2014 wiederholt bestreikten, hatten ihre Arbeitsniederlegungen 24 Stunden im Voraus angekündigt. Die Fluggesellschaft konnte sich entsprechend vorbereiten. In einigen Fällen liefen die Ausstände ins Leere, da sich genug Ersatzpiloten fanden.

Kein Entgegenkommen

Die Lufthansa will den streikenden Flugbegleitern nicht weiter entgegenkommen. "Mir fehlt jede Fantasie, was wir jetzt noch auf den Tisch legen könnten", sagte Lufthansa-Vorstand Karl Ulrich Garnadt am Freitag in Wien bei einer Pressekonferenz zur Fluggesellschaft Eurowings. Er verwies auf das letzte Angebot an die Gewerkschaft Ufo, das "hochattraktiv" sei. Man bemühe sich nun um eine Schlichtung.

Der Chef der Austrian Airlines, Kay Kratky, erklärte, der Konzernmutter während des Streiks so wie in der Vergangenheit wieder mit größeren Flugzeugen auf den Strecken nach München und Frankfurt auszuhelfen, ist sich aber nicht sicher, ob das "vollumfänglich gelingt". "Die Art und Weise, wie hier Streik betrieben wird, stellt uns vor enorme Herausforderungen", so Kratky.

Streikdauer bis zu acht Tage

"Alle Passagiere der Lufthansa müssen damit rechnen, dass ihr Flug kurzfristig ausfällt", hatte Ufo-Chef Nicoley Baublies zuvor die flexible Streiktaktik ohne festgelegte Ankündigungsfristen erklärt. "Wir haben einen achttägigen Streik bis Freitag nächster Woche. Wie viele Ausnahmen es dabei geben wird, hängt nicht zuletzt vom Verhalten der Lufthansa ab." Mit acht Tagen wäre es der längste Streik in der Lufthansa-Geschichte. Der bisherige Rekord datiert vom Frühjahr 2014, als die Piloten drei Tage lang den kompletten Flugbetrieb der Lufthansa lahmgelegt hatten.

Die Gewerkschaft sei auch nicht zu unverbindlichen Sondierungen bereit. "Um den Streik zu unterbrechen, braucht es schon ein handfestes Angebot", betonte der Ufo-Chef. Die Kollegen seien empört über das Verhalten und die Verhandlungstaktik der Lufthansa.

Streit um Frührente ...

Die Tarifverhandlungen zwischen Ufo und der Lufthansa ziehen sich seit zwei Jahren hin. Die Arbeitnehmerorganisation kämpft in erster Linie gegen geplante Einschnitte bei der Rente und der sogenannten Übergangsversorgung. Diese betriebsinterne Frührente wird gezahlt, damit Stewards und Stewardessen wegen der körperlichen Belastungen in dem Job schon vor dem offiziellen Rentenbeginn mit 65 Jahren in Ruhestand gehen können.

Im Schnitt scheiden die Flugbegleiter derzeit mit 56 Jahren aus. Nach Darstellung der Lufthansa ist die bisherige Finanzierung der Frührente wegen der niedrigen Zinsen und der im Branchenvergleich hohen Kosten der Lufthansa nicht mehr machbar.

... und Eurowings

Im Hintergrund köchelt bei dem Tarifclinch noch ein zweiter Konflikt. Dabei geht es um den Ausbau der früheren Lufthansa-Regionalflugline Eurowings zur Billigairline. Dagegen ging auch die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit auf die Barrikaden und bestreikte die Lufthansa seit Frühjahr 2014 insgesamt 13 mal.

Auch mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ringt der Konzern derzeit um einen Tarifabschluss für 33.000 Angestellte. Diese Gespräche wurden am Donnerstag ergebnislos vertagt, wie die Gewerkschaft mitteilte. Den Streik der Piloten hatte im Sommer das Landesarbeitsgericht Hessen überraschend gestoppt. (APA, red, 6.11.2015)