Auf der Straße kommt nicht dasselbe heraus wie im Labor.

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Gemessen an der Zahl der betroffenen Fahrzeuge ist die jüngste Ausweitung des VW-Abgasskandals eigentlich kaum der Rede wert. Die Brisanz liegt woanders: Getrickst wurde nicht nur beim Ausstoß von lungenschädlichen Stickoxiden. Auch bei den Werten zum klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) gibt es Abweichungen – und die hängen mit dem Spritverbrauch zusammen. Bemerkenswert ist das, weil Autobauer die Tests zur Typisierung neuer Modelle ohnehin nur dank vieler legaler Tricks erreichen. Bei den Testläufen im Labor werden etwa Spezialreifen verwendet und Klimaanlagen ausgeschaltet, um möglichst spritsparende Bedingungen zu schaffen.

Für die derzeit gültige Testmethode hagelt es deshalb seit Jahren Kritik von Umweltschützern. Aufgrund des gestiegenen öffentlichen Drucks wurde unlängst beschlossen, dass Neuzulassungen ab 2017 unter realen Straßenbedingungen getestet werden. Zumindest bei den Stickoxidwerten, die bisher im Zentrum der VW-Affäre standen, gelten allerdings großzügige Übergangsfristen.

Beim CO2-Ausstoß wurde eine schrittweise Grenzwertverschärfung schon umgesetzt: Aktuell dürfen die Autohersteller in der EU bei ihrer Pkw-Flotte im Durchschnitt einen Grenzwert von 130 Gramm CO2 pro Kilometer nicht überschreiten. Ab 2021 sind dann nur noch 95 Gramm pro Kilometer erlaubt.

Für den Verkehrsclub Österreich (VCÖ) sind die im Labor ermittelten Werte ohnehin nur Fassade: Laut Mikrozensus der Statistik Austria blieb der reale Spritverbrauch von Diesel-Pkws österreichischer Haushalte zwischen 2004 und 2012 (aktuellster Wert) unverändert. Während bei Benzinern der durchschnittliche Verbrauch von 8,1 Litern je 100 Kilometer auf 7,5 Liter sank, gab es beim Dieselverbrauch keinen Rückgang. Laut Herstellerangaben hingegen sei der Spritverbrauch der in Österreich neuzugelassenen Diesel-Pkws im selben Zeitraum um 13 Prozent von sechs Liter auf 5,2 Liter pro 100 Kilometer zurückgegangen, so der VCÖ.

Wachsende Abweichungen

Das International Council on Clean Transportation (ICCT), das "Dieselgate" erst ins Rollen brachte, fand heraus: 2001 betrug die Abweichung des realen Spritverbrauchs vom Normverbrauch bei Neuwagen in Europa acht Prozent, 2014 bereits 40 Prozent. Der massive Anstieg dieser Diskrepanz erklärt sich dadurch, dass die Abgasgrenzwerte immer strenger werden und zu ihrer Erreichung immer mehr Tricks angewendet werden. Ein offenes Geheimnis, dem nur durch den Stickoxidskandal Aufmerksamkeit zukommt.

Im Gegensatz zu den bereits bekannten Motormanipulationen ist wegen der CO2-Überschreitungen laut VW übrigens keine Umrüstung notwendig. (Simon Moser, 4.11.2015)