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Für Straches FPÖ ist die Causa Höbart abgeschlossen, für Nationalratspräsidentin Bures nicht – sie qualifiziert Höbarts Posting zu Flüchtlingen als "Hetze" und verurteilt die Entgleisung "zutiefst".

Foto: APA/Punz

Wien – Kaum ist für die FPÖ die Causa Susanne Winter ausgestanden, schon steht der nächste Fall an: Am Freitag wird sich auf Initiative der Grünen die Präsidiale des Nationalrats mit Christian Höbart befassen, weil der blaue Abgeordnete auf Facebook Bootsflüchtlinge, die nach Europa übersetzen, mit dem Liedtext "Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön ..." verhöhnt hat.

Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) sagt zum STANDARD angesichts der anstehenden Aussprache: "Selbstverständlich verträgt die Demokratie auch in der Asylfrage unterschiedliche Überzeugungen. Was aber hier – nicht zum ersten Mal – zum Ausdruck kommt, ist kein politisches Konzept, sondern Menschenverachtung und politische Hetze." Deswegen verurteile sie derartige Entgleisungen "zutiefst" – und das Anliegen aller im Nationalrat müsse es doch sein, das Ansehen der Politik in der Bevölkerung zu erhöhen.

Keine Pause für Blaue

Obwohl für den FPÖ-Klub die Angelegenheit Höbart auf Nachfrage schon "abgeschlossen" ist, drängen Grüne und die SPÖ wegen der jüngsten freiheitlichen Ausfälle zudem auf eine Debatte über eine niedrigere Hürden für den Mandatsverlust. Derzeit können Abgeordnete ihr Mandat nur dann einbüßen, wenn sie wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu mehr als einem Jahr unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt werden.

Die grüne Chefin Eva Glawischnig möchte, dass Verurteilungen wegen bestimmter Delikte wie etwa Verhetzung, Amtsmissbrauch, Korruption, NS-Wiederbetätigung oder Wahlbetrug aber jedenfalls zum Verlust des Mandats führen, denn: Mit der nunmehrigen Regelung "erwische" man die Verhetzung praktisch nicht, so Glawischnig.

Hintergrund: Die jetzt wilde Abgeordnete Winter ist nach ihren Tiraden unter anderem gegen den muslimischen Propheten Mohammed 2009 wegen Verhetzung und Herbwürdigung religiöser Lehren zu einer Geldstrafe von 24.000 Euro und einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden.

Regeln für Beamte als Vorbild

"Unabhängig" von den aktuellen Exzessen – Winter hat auf Facebook einem antisemitischen Posting beigepflichtet, weswegen Bures die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat – will auch ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka über ein härteres Vorgehen gegen verurteilte Abgeordnete diskutieren. Im STANDARD-Gespräch verweist er auf schon vor Jahren eingebrachte Anträge seiner Partei etwa aus der Ära des Zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer (ebenfalls ÖVP), die aber nie zur Zustimmung einer breiten Mehrheit im Parlament geführt haben.

Konkret sollen für Lopatka die neuen Regeln an den öffentlichen Dienst angelehnt werden, "weil derzeit Beamte strenger behandelt werden als Mandatare". So soll der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des Nationalrats einem verurteilten Abgeordneten schon das Mandat aberkennen können, wenn er eine (bedingte) Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr oder eine unbedingte Haft von mehr als sechs Monate ausgefasst hat – was quasi einer Halbierung des bisher erforderlichen Strafausmaßes entspricht.

Was bei einem Abgeordneten ohne Verurteilung untragbar sei, ist und bleibt für Lopatka aber "Sache der Klubs", denn: "Alles, was gegen das freie Mandats geht, findet nicht meine Zustimmung." Angesichts Winters Versicherungen, schon Angebote diverser Klubs für ihre Aufnahme zu haben, hält der ÖVP-Klubchef unmissverständlich fest: "Ich habe mit Winter in meinem Leben noch kein einziges Gespräch geführt."

Sauber statt kriminell

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer findet die Debatte angebracht, ob sich die Abgeordneten nun selbst strengere Vorgaben auferlegen wollen: "Das Ganze würde der politischen Sauberkeit des Parlaments dienen, wenn die kriminellen Ränder gar keinen Platz mehr hätten." Schließlich würden die Mandatare die Gesetze beschließen – und sollten sich, siehe etwa Winter, bei ihren Wortmeldungen "nicht von den tiefsten Empfindungen der Bevölkerung leiten lassen".

Höbarts Immunität wurde übrigens bereits Anfang Oktober aufgehoben. Nicht etwa wegen bedenklicher Facebook-Postings, die er auch in der Vergangenheit abgesetzt hatte – er bezeichnete Flüchtlinge als "Erd- und Höhlenmenschen". Sondern der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt lautet: "Urkundenfälschung und Unterdrückung sowie Verbreitung falscher Nachrichten bei einer Wahl." Dort liegt eine Anzeige wegen der Gemeinderatswahl in Guntramsdorf im Jänner 2015 vor. Eine Frau soll ohne ihr Einverständnis auf eine FPÖ-Wahlliste gesetzt worden sein, ihre Unterschrift sei gefälscht. Als Ortsparteichef ist Höbart verantwortlich. Es gilt die Unschuldsvermutung. (Marie-Theres Egyed, Nina Weißensteiner, 4.11.2015)