Wien – Die Bundesregierung geht laut aktuellen Berechnungen, die dem STANDARD vorliegen, von 85.000 Asylanträgen im aktuellen Jahr aus. Bisher wurden bereits 63.000 Anträge gestellt, in der vergangenen Woche waren es jeweils 500 pro Tag.

Für das kommende Jahr traut sich im Augenblick niemand, Prognosen zu machen. Wenn alles bleibt, wie es ist, ist nicht mit einem Abnehmen der Flüchtlingszahlen zu rechnen, allerdings sieht die Politik einzelne Maßnahmen vor, mit denen der Andrang gebremst werden soll. Ein Baustein dazu soll auch die geplante Verschärfung des Asylgesetzes sein.

70 Prozent zwischen 16 und 46

Laut der jüngsten Zahlen sind 70 Prozent der Asylwerber zwischen 16 und 46 Jahre alt, aber auch sehr viele Kinder kommen mit nach Österreich: Knapp 25 Prozent sind jünger als 16 Jahre. Ältere Menschen sind wenige unter den Flüchtlingen: Nur fünf Prozent sind älter als 46 Jahre. Von den Menschen, die bisher einen Asylantrag in Österreich gestellt haben, sind 76 Prozent männlich und 24 Prozent weiblich.

Klar ist, dass für heuer 20.000 bis 25.000 positive Asylbescheide zu erwarten sind. In etwa der Hälfte der Fälle ist mit Anträgen auf Familiennachzug zu rechnen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) geht davon aus, dass im kommenden Jahr etwa 40.000 Asylwerber mit einem positiven Bescheid rechnen können – und zu integrieren sein werden. Allerdings nur, wenn es gelingt, den Zustrom zu bremsen, wie Kurz betont, sonst wäre mit anderen Zahlen zu rechnen.

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Außenminister Kurz will 50 Maßnahmen zur Integration präsentieren.
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50 Maßnahmen

Integration funktioniert in erster Linie über das Erlernen der Sprache und über den Arbeitsmarkt. In einer Studie des Außenministeriums, die Ressortchef Kurz bei Heinz Fassmann, dem Vorsitzenden des Expertenrats für Integration, in Auftrag gegeben hat, sind insgesamt 50 konkrete Maßnahmen aufgelistet, wie die Integration der Flüchtlinge in Österreich forciert werden soll.

Die Maßnahmen sollen in der kommenden Woche präsentiert und bereits nächstes Jahr umgesetzt werden. Die Budgetverhandlungen laufen bereits.

Wertevermittlung

Drei Schwerpunkte soll es nach Auskunft von Kurz geben: der Spracherwerb, der Einstieg in die Arbeitswelt und in das Ehrenamt sowie die Wertevermittlung. Laut Plan soll jeder Einzelne einen sogenannten Integrationsplan durchlaufen, der auch eine "Werteschulung" vorsieht. In eintägigen Kursen sollen den Flüchtlingen "Verfassungswerte" nahegebracht werden, dabei soll es um Menschenwürde, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Rechtsstaat und Demokratie gehen.

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Anerkannte Flüchtlinge sollen künftig zu Wertekursen verpflichtet werden.
Foto: apa/ERWIN SCHERIAU

Einhaltung der Ruhe- und Nachtzeiten

Thematisiert werden sollen auch Alltagsfelder, die besonders wichtig für die Integration sind. Genannt werden Kindergarten- und Schulpflicht, die Mitwirkungspflicht der Eltern, die Notwendigkeit des Deutschlernens oder das richtige Verhalten im Gesundheitssystem. In dem Expertenpapier werden als Inhalte der Werteschulung aber auch Geschichte und Geografie Österreichs, die Einhaltung der Ruhe- und Nachtzeiten sowie die Müllentsorgung genannt.

"Die Menschen, die zu uns kommen, sind keine schlechten Menschen", sagt Kurz, "aber sie haben andere Wertevorstellungen, sie sind mit unseren Werten nicht vertraut. Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, sie mit unseren Werten vertraut zu machen." Der Integrationsplan sehe daher auch eine verpflichtende Teilnahme vor. Mit der SPÖ gebe es laufend Gespräche, Kurz geht aber davon aus, dass es da keine Meinungsverschiedenheiten geben werde. "Wir machen das", heißt es. Kurz: "Ganz wichtig ist es, den Zustrom an Flüchtlingen zu reduzieren und gleichzeitig alles zu tun, um die Flüchtlinge, die bei uns sind, bestmöglich zu integrieren. Wir können das, das ist schaffbar." (Michael Völker, 4.11.2015)