St. Pölten – Wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ist ein 23-jähriger gebürtiger Tschetschene am Mittwoch am Landesgericht St. Pölten zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, sich den Terrororganisationen "Islamischer Staat" und "Emirat Kaukasus" angeschlossen und von März bis November 2014 wiederholt in Syrien gewesen zu sein.

Der russische Staatsbürger, der sich nicht schuldig bekannt hatte und einen Aufenthalt in Syrien abstritt, nahm Bedenkzeit. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Damit ist die Entscheidung des Schöffensenats nicht rechtskräftig.

Klare Indizien, widersprüchlicher Angeklagter

In der Urteilsbegründung betonte der Richter, dass derartige Verfahren um Jihadismus "natürlich" Indizienprozesse seien. Im konkreten Fall habe aber jedes Indiz der Kette für sich allein für einen Schuldspruch gereicht. So zeige ein Lichtbild den Angeklagten "voller Stolz" vor einer IS-Fahne – dessen Behauptung, die an seine Frau in Österreich geschickte Aufnahme sei in Istanbul entstanden, sei geradezu absurd. Ebenso dürfte jene Frau, die der Beschuldigte auf seiner angeblichen Türkei-Reise kennengelernt hatte, gar nicht existieren, so der Richter mit Verweis auf die widersprüchlichen Angaben des Mannes.

Hingegen habe eine anonyme Belastungszeugin – bei deren Befragung die Öffentlichkeit ausgeschlossen war – glaubhaft dargelegt, dass der Angeklagte ihr gegenüber seine Kampfhandlungen in Syrien geschildert hatte. Das Strafmaß sei bei einem Rahmen von bis zu zehn Jahren auch ein klares Signal an jene, die mit dem IS sympathisieren.

Ermittlungen bereits 2011

Gegen den Mann, der als Zwölfjähriger mit Mutter und Schwester nach Österreich gekommen war, war bereits 2011 wegen Kontakten zu islamischen Extremisten ermittelt worden. In Pakistan, wo er nach seinen Angaben eine Islamschule besuchte, war er mehrere Monate inhaftiert. Aufgrund der Informationen aus Pakistan wurde das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung auf den Mann aufmerksam. Zuletzt lebte er ohne Einkommen in Amstetten. Neben den Lichtbildern waren auch heruntergeladene Videos von Exekutionen sichergestellt worden.

Der Verteidiger hatte die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin, die den Mann als Jihadisten angezeigt hatte, in Zweifel gezogen. Die Vorwürfe seien möglicherweise aus Rache nach einer Liebschaft erhoben worden, dem Anwalt fehlten schlüssige Beweise. Zudem dürfe man sich nicht zu "Angstprozessen" hinreißen lassen. (APA, 4.11.2015)